Von Gert Ewen Ungar
Das Buch “Nur die richtige Meinung ist frei” der in China geborenen Journalistin Danhong Zhang bietet tiefe Einblicke in problematische Entwicklungen innerhalb der deutschen Medienlandschaft. Es wirft die Frage auf, warum es trotz einer umfassenden Neuordnung nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland nicht möglich war, einem erneuten Abgleiten in totalitäre Strukturen und medialer Gleichschaltung entgegenzuwirken.
Zahlreiche Medienkonsumenten und der mediale Mainstream selbst konstatieren eine bedenkliche Tendenz zu Uniformität und Einseitigkeit in den deutschen Medien. Zhang beleuchtet in ihrem Buch durch ihren eigenen beruflichen Werdegang, wie sie von einer gefragten Expertin zu einer umstrittenen Figur in ihrem Arbeitsumfeld wurde.
Danhong Zhang, die drei Jahrzehnte für die Deutsche Welle tätig war, empfand ihre Kündigung im Jahr 2019 als Befreiung. Ihre Rückkehr nach China erlebte sie im Vergleich zu Deutschland als freier. Ähnlich empfinde ich die Situation in Russland: Auch wenn dort Einschränkungen existieren, ist der Spielraum für Meinungsverschiedenheiten weitaus größer.
Bereits in der Einleitung ihres Buches beschreibt Zhang, wie sie in Deutschland unter Druck gesetzt wurde, bestimmte Tweets zu löschen. Solche Eingriffe vonseiten ihres Arbeitgebers verdeutlichen den fragilen Zustand von Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland. Ein weiteres Beispiel hierfür ist das Verbot, dass ihr aufgelegt wurde, öffentlich aufzutreten.
Über drei Jahrzehnte bei der Deutschen Welle dokumentierte Zhang, wie der Raum für abweichende Meinungen immer weiter schrumpfte. Ihr Buch ist auch ein Zeugnis der Übernahme deutscher Medien durch zunehmend einfältiges und moralisierendes Denken. Den Mittler zwischen China und Deutschland zu spielen, war nicht von Interesse.
Zhang beschreibt, wie sie aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen in China kritisiert wurde, oftmals von Personen, die weder die Sprache sprechen noch jemals dort waren. Diese Erfahrung der unfundierten Kritik ist etwas, das ich in Bezug auf Russland ähnlich erlebe. Sogenannt gut informierte Personen und Politiker glauben oft, besser informiert zu sein als diejenigen, die direkt vor Ort sind.
Zhang bietet in ihrem Buch jedoch nicht nur persönliche Anekdoten, sondern setzt ihre Erfahrungen auch in einen größeren Kontext. Sie erinnert an Fälle wie jenen der Politologin Ulrike Guerot und kritisiert die Praxis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der trotz fester Einnahmen durch die GEZ, prekäre Arbeitsverhältnisse schafft.
Zudem entlarvt Zhang mittels des Begriffs „Mediokratie“ eine zu enge Verflechtung von Politik und Medien in Deutschland. Ihr Werk „Nur die richtige Meinung ist frei“ ist somit ein kritischer und aufschlussreicher Beitrag zur Debatte über die Krise des deutschen Journalismus, der deutlich macht, wie eine verengende Perspektive zu einer vermeintlichen demokratischen Tugend erhoben wird.
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