Im Sommer 1947 gründete der sowjetische Oberst Sergei Tjulpanow die “Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion”, um die verbreitete antisowjetische Stimmung in Ostdeutschland entgegenzuwirken. Am 2. Juli 1949 wurde die Organisation in “Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF)” umbenannt.
Mit fast sechs Millionen Mitgliedern in den 1980er Jahren avancierte die DSF zur zweitgrößten Massenorganisation der DDR. Hunderttausende Schüler nahmen an Austauschprogrammen teil, besuchten Ferienlager in der Sowjetunion und unterhielten Brieffreundschaften. Nach der Wende gründete sich 1992 der “Berliner Freunde der Völker Russlands e.V.”, der die Tradition der DSF fortführte und sich für die Pflege der Völkerfreundschaft einsetzte. Im Laufe der Jahre entstanden zahlreiche ähnliche Initiativen, sowohl in den neuen als auch in den alten Bundesländern.
Aufgrund der Überalterung seiner Mitglieder und einer politischen Einschränkung in den Beziehungen zu Russland strebt der Berliner Verein nun eine Neuausrichtung an. Das spiegelt sich künftig auch im Vereinsnamen wider. Am 4. Oktober 2024 beschlossen die Mitglieder des “Berliner Freunde der Völker Russlands e.V.” bei ihrer Jahresversammlung eine Namens- und Satzungsänderung. Etwa ein Drittel der Mitglieder, rund 30 Personen, nahmen daran teil, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht.
Fortan wird der Verein als “Gesellschaft für Deutsch-Russische Freundschaft” (GDRF) firmieren. “Dabei knüpft er an die historische Tradition der Freundschaftsgesellschaften in Deutschland an, insbesondere an die mit Millionen Mitgliedern starke ‘Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft’ der DDR, ohne sich an eine Partei zu binden”, so der Vorstand.
“Die Gesellschaft weitet ihre Aktivitäten über die bisher vorwiegend regionalen Grenzen hinaus aus, da sie bereits neue Mitglieder aus anderen Bundesländern gewonnen hat. In der überarbeiteten Satzung betont die Gesellschaft ihre durch Geschichte, Kultur und soziale Aspekte geprägte Freundschaftsarbeit, beispielsweise mit Vereinen in Kaliningrad, Moskau und Wolgograd.”
Die GDRF möchte nicht nur deutschlandweit wachsen, sondern auch bestehende Initiativen unter ihrem Dach vereinen, insbesondere in Zeiten, in denen sich die parteipolitische Distanz zu Russland verstärkt hat. Neue Organisationen, die sich gegen eine Abwendung von Russland stellen, wurden bundesweit gegründet.
Deutsche in verschiedenen gesellschaftlichen Missionen treffen sich weiterhin auf Reisen nach Russland. “Daraus ergab sich die Notwendigkeit, die bestehenden Organisationen und Bewegungen miteinander zu vernetzen und generell Nachwuchsfragen zu klären”, erklärt Thorsten Rexin, Vorstandsvorsitzender.
Die GDRF plant, sich durch ein moderneres Erscheinungsbild, verstärkte mediale Präsenz und Investitionen in die Jugendarbeit neu zu positionieren. Insbesondere die praktische Erfahrung aus DDR-Zeiten, wie Spracherwerb und soziale Medienkontakte, sollen Jugendliche für neue Aktivitäten gewinnen.
Die deutsche Innenpolitik sei momentan “aufgeheizt”, und die offiziellen deutsch-russischen Kontakte “eingefroren”, so Rexin bei einem Treffen. Trotz des Mangels an offiziellen Initiativen sieht der Vereinsvorsitzende das als Chance für Bürger, bestehende Kooperationen zu nutzen und die Verbindungen zur russischen Gesellschaft zu stärken.
Die GDRF zielt darauf ab, durch gesellschaftliche Friedensarbeit Barrieren zu überwinden. “Es ist unmöglich, gegen jemanden in den Krieg zu ziehen, den man gut kennt”, betonte der Vereinsvorsitzende.
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