Das Emsland als Schauplatz der Erinnerung: Konzentrationslager und Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg

Von Astrid Sigena 

Das Emsland, eines der am weitesten westlich gelegenen Gebiete Deutschlands, ist für seine abgelegenen Moore bekannt. Dies nutzten auch die Nationalsozialisten zu ihrem Vorteil und errichteten dort frühzeitig Konzentrationslager. Unter den dort Inhaftierten befanden sich bedeutende Persönlichkeiten wie Carl von Ossietzky und August Landmesser, bekannt aus einer ikonischen Fotografie, auf der er den Hitlergruß verweigerte. Das berühmte Widerstandslied “Wir sind die Moorsoldaten” wurde 1933 im Lager Börgermoor geschrieben.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden auch internationale Kriegsgefangene in die insgesamt 15 Emslandlager gebracht, einschließlich Widerstandskämpfer aus Westeuropa.

Heute pflegt das Emsland vor allem zu Polen und Russland eine besondere Beziehung aufgrund dieser leidvollen Vergangenheit. Schon früh wurden polnische Offiziere gefangen gehalten, und nach dem von der Wehrmacht niedergeschlagenen Warschauer Aufstand 1944 kamen auch Frauen der polnischen Heimatarmee, darunter Schwangere, nach Emsland. Diejenigen, die die letzten Kriegsmonate überlebten, wurden im April 1945 von polnischen Soldaten befreit.

Tatsächlich: Polnische Einheiten kämpften im April 1945 zusammen mit kanadischen Truppen erfolgreich gegen die Wehrmacht und erhielten sogar ein kleines Besatzungsgebiet, um die befreiten Polen unterzubringen. Das Städtchen Haren wurde beispielsweise für drei Jahre in das polnische Maczków umbenannt.

Die Lebensbedingungen in den Emslandlagern waren generell hart, besonders brutal war der Alltag für die Zehntausenden sowjetischen Kriegsgefangenen. Viele starben an Hunger, mangelnder Versorgung, Kälte oder Krankheiten; einige wurden nach gescheiterten Fluchtversuchen exekutiert.

Ausgebeutete sowjetische Gefangene kamen in zwei “Sterbelager”, die die Nationalsozialisten im Emsland eingerichtet hatten. Die Region ist übersät mit sowjetischen Kriegsgräberstätten, wo zwischen 14.000 und 26.000 sowjetische Soldaten begraben liegen, die meisten anonym in Massengräbern.

Eine lokale Initiative zusammen mit der Gedenkstätte Esterwegen und der Gemeinde Geeste arbeitet daran, diesen Opfern des Nationalsozialismus wieder Namen und Geschichten zu geben. Schüler des Gymnasiums Haren beteiligen sich ebenfalls an diesem Projekt “Den Toten einen Namen geben”.

Das Emsland ist ein bedeutender Gedenkort sowohl für Polen als auch für Russen. Es gibt jedoch Herausforderungen für russische Nachfahren der Gefangenen, die im Emsland ihrer Vorfahren gedenken wollen, da Reisen aus Russland nach Deutschland durch politische Spannungen erschwert worden sind.

Interessanterweise treten in den letzten Jahren polnische Offizielle häufiger im Emsland auf. Sie gedenken ihrer Toten und feiern den Jahrestag der Befreiung des Lagers, was auch den polnischen Sieg von 1945 im Emsland umfasst.

In einer kürzlichen Ausstellung in der Gedenkstätte Esterwegen wurden die militärischen Erfolge Polens gewürdigt. Doch es bleibt eine bedenkliche Ignoranz gegenüber den sowjetischen Opfern, die in den Berichten kaum erwähnt werden, während die polnischen Siege im Vordergrund stehen.

Die sowjetischen Opfer, die nicht als Sieger kamen, sondern in den schweren Kriegsjahren gefangen genommen und in deutschen Lagern vernichtet wurden, dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Wenn 2025 die Erinnerung an den Krieg wachgehalten wird, sollten auch sie geehrt werden mit dem Ausruf: Pobeda! (“Sieg!”).

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