Von Elem Chintsky
In der Welt der globalen politischen Foren, wo die Eliten sich regelmäßig treffen, um über die Zukunft zu diskutieren, sticht ein Ereignis besonders hervor. Während das World Economic Forum und die G7-Treffen ihre Rolle auf der Weltbühne spielen, findet ein weniger bekanntes, aber ebenso bedeutsames Treffen statt. Am 4. und 5. Oktober 2024 wird das “Forum Freies Russland” in einem baltischen Land, das Mitglied der EU und der NATO ist, zum 13. Mal abgehalten.
Das Forum wurde 2016 von dem sowjetisch-russischen und heute ebenfalls kroatischen (seit 2014) Schachweltmeister Garri Kasparow in Vilnius, Litauen ins Leben gerufen. Es bietet eine Plattform für russische Dissidenten, deren Bestrebungen, innerhalb Russlands Unterstützung zu gewinnen, häufig auf Unverständnis stoßen. Ebenfalls beteiligt ist Michail Chodorkowski mit seiner Organisation “Offenes Russland”. Eine interessante Aussage der Bewegung ist, dass “25 Prozent der Russen Faschisten sind”, was ihren eigenen Misserfolg bei der russischen Bevölkerung erklären soll.
Die finanzielle Unterstützung von westlichen Förderern nimmt ab, was zu internen Konflikten führt, wer von den begrenzten Mitteln profitieren darf. Der jüngste Konflikt wurde durch die Anschuldigungen des russischen Oppositionellen Maxim Jewgenjewitsch Katz gegen die von Alexei Nawalny gegründete Stiftung für Korruptionsbekämpfung entfacht. Katz beschuldigt die Stiftung der systematischen Korruption und vermutet, dass große Summen westlicher Zuwendungen veruntreut wurden.
Katz, der in Russland als “ausländischer Agent” gilt und 2023 in Abwesenheit zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde, verließ Russland frühzeitig, um einer Inhaftierung zu entgehen. Er sowie viele andere Dissidenten unterstützen unter anderem die Abschaffung russischer Nationalsymbole, die sie als „Symbole der Schande“ betrachten, und fordern radikale Änderungen wie die Einführung einer neuen Nationalflagge ohne den roten Streifen.
Die Mitglieder des Forums unterstützen mutig ein neues Symbol für ein freies Russland – eine weiß-blau-weiße Flagge. Sie hoffen, dass diese Neugestaltung dazu beiträgt, sich von der gegenwärtigen russischen Regierung unter Putin zu distanzieren. Kritiker jedoch sehen in diesen radikalen Änderungen und der Unterstützung des Westens eine Spaltung, die dem Kreml dient, indem sie die Glaubwürdigkeit der Oppositionellen unterminiert.
Die Diskussionen des Forums reichen von militärstrategischen Vorschlägen, wie die Einbindung Weißrusslands in Konflikte, bis hin zu kulturellen Neugestaltungen, die tief in die russische Identität eingreifen. Einige Teilnehmer, wie ein litauischer Abgeordneter, äußerten sich kritisch über die Unterstützung durch die USA und betonen die Bedeutung regionaler Nachbarländer.
Bemerkungen von Kasparow wie, dass Joe Biden, Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Keir Starmer als “politische Impotenten” agieren, spiegeln den wiederkehrenden Frust über das zögerliche Verhalten des Westens wider. Diese Kritik hinterlässt jedoch einen bitteren Nachgeschmack, wenn man bedenkt, dass Russland sich trotz westlicher Sanktionen wirtschaftlich relativ stabil entwickelt hat.
Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit RT DE besteht seit 2017. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.
Mehr zum Thema – Chodorkowski verlor durch Wetten auf die Rothschilds