Von Pjotr Akopow
Der amerikanische Wahlkampf nähert sich dem Ende – in drei Wochen soll die Entscheidung gefallen sein. Doch die Erwartungen, dass die Wahl am 5. November die politischen Turbulenzen in den USA beenden wird, erscheinen unrealistisch. Vielmehr ist zu erwarten, dass sie am Folgetag in eine noch brisantere Phase übergeht, die nicht nur für die Amerikaner weitreichende Folgen haben könnte. Es steht bereits fest: Sollte Donald Trump die Wahl gewinnen, wäre dies für einen Großteil des amerikanischen Establishments völlig inakzeptabel. Nachdem Versuche der Wahlmanipulation fehlgeschlagen sind, wird der sogenannte “tiefe Staat” wohl alles in seiner Macht stehende tun, um eine zweite Amtszeit Trumps zu blockieren – angefangen bei gerichtlichen Einsprüchen über Massenproteste und Unruhen bis hin zu Attentatsversuchen und sogar der Androhung, die USA zu spalten.
Besteht also Grund zur Annahme, dass Trumps Sieg vorbestimmt ist? Immerhin sind die Meinungsumfragen volatil, und der Wahlkampf bleibt bis zum letzten Tag spannend – besonders nachdem die Nominierung von Harris die Umfragewerte der demokratischen Kandidatin steigen ließ. Warum also Trump schon jetzt als sicheren Sieger darstellen?
Die Antwort liegt darin, dass dies die dritte Präsidentschaftswahl für Trump darstellt. Ein Vergleich der Umfragedaten von 2024 mit denen aus 2016 und 2020 lässt Rückschlüsse auf die tatsächlichen Wahlergebnisse jener Jahre zu. Historisch gesehen, wurden Trump in den Umfragen stets geringere Chancen eingeräumt, als er letztendlich erreichte.
Obwohl er 2016 gewann und 2020 verlor, ist das Muster gleich: Sowohl Hillary Clinton als auch Joe Biden erhielten weniger Stimmen, als vorhergesagt wurde. Und auch Kamala Harris schneidet in aktuellen Umfragen schlechter ab als ihre demokratischen Vorgänger, was darauf hindeutet, dass sie gegen Trump wahrscheinlich verlieren wird. Zudem schrumpft ihr Vorsprung sogar auf nationaler Ebene, und es ist möglich, dass sie am Wahltag nicht einmal als führende Kandidatin gilt.
Während der nationale Vorsprung, die Gesamtzahl der Stimmen, keine entscheidende Rolle spielt, wie 2016 gezeigt hat, sind es die Bundesstaaten, insbesondere die “Swing States”, die das Ergebnis bestimmen. In den aktuellen Umfragen führt Trump in fünf der sieben entscheidenden Bundesstaaten – mit Ausnahme von Wisconsin und Nevada. Obwohl die Unterschiede gering erscheinen, offenbart ein Blick auf die vorherigen Wahlen, dass Trumps Position stärker ist als in vergangenen Wahlen.
Wenn dieser Trend anhält, könnte Trump am Wahltag in fünf der sieben kritischen Staaten sicher siegen und somit 296 Wahlmännerstimmen gegenüber 215 für Harris gewinnen. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass er auch Wisconsin für sich entscheidet, was das Endergebnis noch deutlicher machen würde.
Nicht nur die Umfragen deuten auf einen bevorstehenden Erdrutschsieg für Trump hin – die Republikaner sind in den kritischen Swing States auch bei der Wählerregistrierung erfolgreicher: In Staaten wie Pennsylvania, North Carolina, Nevada und Arizona gibt es hunderttausende weniger registrierte Wähler als noch vor vier Jahren. Auch eine massive Mobilisierung von Anti-Trump-Wählern in staaten wie Kalifornien oder New York würde daran nichts ändern – entscheidend sind die Wähler in Staaten wie Pennsylvania.
Trump zu stoppen, könnte dennoch zu einem zentralen Bestreben des Establishments werden, da eine aggressivere und erfahrenere Amtsführung Trumps zu erwarten ist. Sollten die Republikaner zudem den Senat zurückgewinnen und das Repräsentantenhaus behalten, könnte Trump eine beispiellose Kontrolle über die politischen Prozesse in den USA erlangen.
Selbst die Buchmacher spüren den Trend – sie bewerten Trumps Chancen auf eine Wiederwahl derzeit höher als die seiner Kontrahentin Harris. Auch wenn der “tiefe Staat” Trump physisch entfernen wollte, wird dies wenig an der Unterstützung für die von ihm vertretene Anti-Establishment-Bewegung ändern.
In den nächsten Wochen wird die Spannung nicht nur in den USA, sondern weltweit steigen. Die amerikanischen Wahlen werden globale Auswirkungen haben, von politischen Entwicklungen in Kriegsgebieten wie der Ukraine bis zum Nahen Osten. Es ist kein Ende der Unruhen nach dem 5. November zu erwarten, da die größten Stürme möglicherweise erst noch bevorstehen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 17. Oktober 2024 auf RIA Nowosti erschienen.
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