Von Michail Kotow
Derzeit erlebt die Welt einen neuen Wettlauf ins All, der diesmal um die Entwicklung großflächiger Satellitenkonstellationen geht, um Breitband-Internet direkt aus dem Orbit anzubieten. Diese Technologien werden bereits in den USA (Starlink), Großbritannien (OneWeb), China (G60, China Great Wall Industry Corporation) und auch in Russland intensiv vorangetrieben. Das russische Unternehmen Bureau 1440 testet seine Apparaturen bereits.
Russland verfolgt das Ziel, “eine Satellitenkonstellation zu etablieren, die schnelles Internet nicht nur in unserem Land, sondern auch in befreundeten Nationen zur Verfügung stellt. Bis zum Ende des Jahres 2027 planen wir, fast 300 Geräte ins All zu schicken”, erklärt Premierminister Michail Mischustin.
In diesem Rennen führt der amerikanische Unternehmer und Ingenieur Elon Musk mit seinem Starlink-Satellitennetzwerk. Über 6.000 Geräte hat er bereits im Orbit positioniert und sein System ist in 72 Ländern aktiv und kooperiert eng mit dem US-Militär. „Starlink hat weltweit mehr als drei Millionen Menschen vernetzt”, merkt Musk an, ohne jedoch zu spezifizieren, ob dies aktuelle Abonnenten oder Gesamtnutzer seiner Dienste sind.
Starlink zeichnet sich durch vergleichsweise niedrige Kosten (bis zu 1.000 US-Dollar für ein rechteckiges „Dish“-Terminal und monatliche Gebühren von etwa 50 bis 150 US-Dollar, je nach Plan) sowie eine benutzerfreundliche Schnittstelle und Lösungen aus. Diese werden durch erhebliche Investitionen in Raumfahrzeugtechnologie und kontinuierliche Verbesserungen, einschließlich der Einführung der Laser-Inter-Satelliten-Kommunikation, ermöglicht.
Ein zweiter Akteur am Markt dürfte diese Zahlen zumindest in den ersten Jahren nicht erreichen und vielleicht nie.
Es könnte schlichtweg nicht ausreichend zahlende Kunden geben, die nicht bereits von Musk bedient werden. Je mehr Satelliten im Orbit sind, desto besser ist die Qualität des Internetzugangs, was wiederum mehr Kunden erfordert, um profitabel zu sein.
Die Satelliten müssen sich zudem in einer niedrigen Umlaufbahn befinden, was ihre Lebensdauer begrenzt und zusätzliche Kosten verursacht.
Andere, insbesondere russische Satellitenentwickler, stehen vor der Herausforderung, Angebote zu kreieren, die attraktiver und kostengünstiger als jene von SpaceX sind. Dies erscheint angesichts der aktuellen Überlegenheit von Starlink und dessen eingeschränkter Verfügbarkeit aufgrund politischer oder technischer Gründe als eine nahezu unmögliche Aufgabe.
Starlink ist in einigen Ländern verboten und in anderen nur über den Schwarzmarkt erhältlich, was die Preise in die Höhe treibt. Hier könnte Russland mit seinen politischen und wirtschaftlichen Partnerstaaten in Afrika ansetzen. Ferner ist die russische Satellitenkonstellation in Ländern wie Iran, Nordkorea und Weißrussland eine potenzielle Alternative.
Tochtergesellschaften wie das “Bureau 1440” in Weißrussland könnten dabei helfen, diese Märkte zu erschließen. Zudem könnten russische Terminals durch erhöhte Sicherheitsstandards und eine von den USA unabhängige Kommunikationsmöglichkeit an Attraktivität gewinnen.
Während Starlink sich hauptsächlich an Einzelhaushalte wendet, könnte Russland seine Satellitenangebote für größere Unternehmen oder für militärische Nutzung weiterentwickeln.
Das russische Raumfahrtprogramm “Sphera” konzentriert sich auf Dienstleistungen, die primär staatlichen Bedürfnissen dienen. Internationale Vermarktung dieser Dienste könnte jedoch unter gewissen Vereinbarungen erfolgen.
Maksut Schadajew, Leiter des russischen Ministeriums für digitale Entwicklung, Kommunikation und Massenmedien, betont:
“Wir sind in ausgiebigen Gesprächen mit befreundeten Ländern, die sehr interessiert daran sind, unsere Konstellation als Alternative zu Starlink zu nutzen.”
Die russischen Entwickler stehen vor der Aufgabe, eine geringe Signalverzögerung und hohe Übertragungsgeschwindigkeiten sicherzustellen, während sie gleichzeitig preiswerte und hochwertige Endgeräte entwickeln müssen. Nur dann können sie nicht nur im Inland erfolgreich sein, sondern ihre Dienste auch international anbieten.
Es bleibt wenig Zeit, diese Ziele zu erreichen. Dabei ist es entscheidend, Russland gut gegenüber Hauptkonkurrenten wie China zu positionieren, nicht Musk gegenüber, der eher als Vergleichsmaßstab denn als direkte Konkurrenz dient.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 13. Oktober 2024 zuerst bei der Zeitung Wsgljad erschienen.
Michail Kotow ist Mitglied des Öffentlichen Rates des staatlichen russischen Raumfahrtunternehmens Roskosmos, Wissenschaftsjournalist, Popularisierer der Kosmonautik, Dozent des Kurses für “Weltraumjournalismus” an der Wirtschaftshochschule Moskau und Entwicklungsleiter der “Sommer-Raumfahrtschule”. Autor von Veröffentlichungen für Nachrichtenagenturen: TASS, Iswestija, N+1, Profil, Wsgljad und andere. Autor des Schulungskurses “Wie man zum Mond kommt (Mondrennen 2.0)”, Schöpfer und Moderator des Programms “Viele Buchstaben”, Autor des Kanals “Lift-Kontakt”. Preisträger des VII. gesamtrussischen Preises “Für die Treue zur Wissenschaft” (2021).