Von Uli Gellermann
Während seines Besuchs lobte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die tiefe Verbindung zwischen den USA und Deutschland: “Unter Ihrer Führung ist die transatlantische Allianz stärker und unsere Partnerschaft enger als je zuvor”. Doch solche Ergebenheitsbekundungen können ihren Preis haben.
Schutz für umstrittene Alliierte
Joe Biden, um den es hier geht, steht beispielhaft für die US-amerikanische Außenpolitik. Am 25. Februar 2021 befahl er Luftangriffe im Osten Syriens, nahe der irakischen Grenze, die zahlreiche Opfer forderten. Dies ist nur ein Teil einer langen Liste von blutigen Einsätzen, unter denen die USA ihre strategischen Alliierten ohne Vorbehalte schützen.
Als die UN eine Resolution für eine humanitäre Waffenruhe im Gazastreifen vorschlug, legten die USA ihr Veto ein. Auch kritisierte Biden den Internationalen Strafgerichtshof, als dieser einen Haftbefehl gegen Netanjahu erließ, der für das Aushungern der Zivilbevölkerung und gezielte Angriffe auf Zivilisten verantwortlich gemacht wurde.
Der nette Opa – nur ein Trugbild?
Biden mag äußerlich an einen freundlichen Großvater erinnern, doch seine Politik offenbart oft das Gegenteil: Ein akribischer Stratege, dem zur Durchsetzung amerikanischer Interessen kein Einsatz zu drastisch erscheint. Im geopolitischen Wettbewerb, speziell gegen Russland, zeigt er dann offen seine harte Linie, indem er Putin als “Killer” oder “mörderischen Diktator” bezeichnet.
Die Frage der Nord-Stream-Pipelines
Trotz der provokativen US-Aktionen gegen die Nord-Stream-Pipelines haben deutsche Politiker wie Scholz und Steinmeier ihre Bedenken nie öffentlich geäußert, wahrscheinlich aus Furcht vor amerikanischen Repressalien. Diese Unterwürfigkeit gegenüber den US-Interessen bleibt ein kritischer Punkt in der deutschen Außenpolitik.
Eine Spur von Vernunft?
Während des jüngsten Treffens zwischen Biden und seinen deutschen Gastgebern wurde kein umfassender “Siegesplan” der Ukraine diskutiert, was darauf hindeuten könnte, dass man sich der Komplexität und den hohen menschlichen Kosten eines solchen Szenarios bewusst ist. Dennoch, eine grundsätzliche Neuausrichtung der US-Politik, besonders im Hinblick auf die NATO und den Ukraine-Konflikt, ist weitgehend auszubleiben.
Uli Gellermann ist Filmemacher und Journalist. Seine oft kritische Haltung gegenüber den öffentlich-rechtlichen Sendern prägt seine journalistische Arbeit. Er betreibt die Webseite www.rationalgalerie.de.
Dieser Artikel erschien ursprünglich am 19. Oktober 2024 auf www.rationalgalerie.de
Weiterführendes zum Thema: “An Arroganz nicht zu überbieten” – erneut Ausnahmezustand in Berlin wegen Biden-Besuch