Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat ein Urteil gegen Russland gefällt, wonach das Land 107 Organisationen und Einzelpersonen entschädigen muss, die dort als “ausländische Agenten” klassifiziert wurden.
Zu den Klägern zählten bedeutende Akteure wie das von den USA unterstützte Medienunternehmen Radio Liberty/Radio Free Europe, das renommierte Menschenrechtszentrum Memorial, der bekannte Journalist Juri Dud, die Oppositionsaktivistin Ljubow Sobol sowie die Politikwissenschaftlerin Jekaterina Schulman. Diese hatten sich an den EGMR gewandt, um gegen die russische Gesetzgebung vorzugehen.
Der EGMR stellte fest, dass Russland mit seinen Gesetzen Grundrechte wie die Meinungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit sowie das Recht auf Privat- und Familienleben verletzt hat. Besonders kritisch sah das Gericht die Vorschriften an, die Personen als “ausländische Agenten” brandmarken. Diese Vorschriften wurden mit den diskriminierenden Praktiken autoritärer Regime der Vergangenheit verglichen, die bestimmten Gruppen auferlegt wurden.
In einer offiziellen Verlautbarung vom Dienstag wurde bekanntgegeben:
“Das Gericht hat beschlossen, dass Russland den Klägern Entschädigungen zwischen 5.500 und 10.000 Euro für immaterielle Schäden zu zahlen hat, zusätzlich zu weiteren Summen für materielle Schäden und Kosten.”
Seit 2012 gilt in Russland das Gesetz über ausländische Agenten, welches zunehmend verschärft wurde. Es fordert von Personen, die Unterstützung aus dem Ausland erhalten oder unter ausländischem Einfluss stehen, sich zu registrieren. Diese Klassifizierung erlaubt den Betroffenen weiterhin die Arbeit in Russland, bringt jedoch erhebliche Einschränkungen mit sich. Zuwiderhandlungen können unter Umständen mit Geld- und Freiheitsstrafen geahndet werden.
Der Vorsitzende der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, verteidigte das Gesetz als eine Maßnahme zum Schutz der nationalen Souveränität und zur Abwehr von „externer Einmischung in interne Angelegenheiten“.
Auf das kürzliche Urteil reagierte Moskau bislang nicht. Russland, das seit März 2022 nicht mehr Mitglied des Europarats ist – einem Gremium, dem es seit 1996 angehörte –, erkennt die Urteile des EGMR nicht an und kritisiert den Gerichtshof für eine vorgeblich antirussische Haltung.
Laut dem Urteil entbindet die Beendigung der Mitgliedschaft im Europarat Russland nicht von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigungen. Es liegt in der Verantwortung der russischen Behörden, die erforderlichen Zahlungen zu arrangieren.
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