Seit Anfang Oktober sind die Bewohner im Norden des Gazastreifens von der Zufuhr jeglicher humanitärer Hilfe abgeschnitten und erleben eine fortschreitende Vertreibung. Das Nachrichtenportal The Cradle erläutert nun vermutete Pläne Israels für diese Region, welche beunruhigende historische Parallelen nahelegen.
Einem Bericht der israelischen Zeitung Jediʿot Acharonot zufolge, liegen diese Pläne dem Kabinett vor und stehen kurz vor der Genehmigung. Vorgesehen ist die Schaffung von sogenannten “humanitären Blasen”. Dies sind speziell abgegrenzte Zonen, die von der israelischen Armee innerhalb von 48 Stunden errichtet und von Hamas-Kämpfern “gesäubert” werden sollen. Die Rückkehr der Einheimischen in diese Gebiete wird jedoch an die Bedingung einer biometrischen Registrierung geknüpft. Wer sich weigert, biometrische Daten zu hinterlegen, erhält keinen Zugang zu den Blasen und somit zu lebensnotwendigen Versorgungsleistungen.
Die Überwachung dieser Zonen soll durch eine US-amerikanische Firma namens GDC erfolgen, geleitet von dem israelisch-US-amerikanischen Geschäftsmann Moti Kahane, der bereits in Waffenlieferungen an syrische Islamisten involviert war. Laut dem Journalisten Dan Cohen wird die Sicherheit von “1.000 von der CIA ausgebildeten privaten Söldnern” gewährleistet, während Jediʿot Acharonot auf eine Besetzung durch Elitekämpfer der britischen und US-Armee sowie kurdische Kämpfer hinweist. Jede Blase soll von etwa hundert dieser Sicherheitskräfte bewacht werden.
In den abgegrenzten Gebieten ist zudem der Wiederaufbau zerstörter Wohnhäuser geplant, mit einem Anfangsbudget von 90 Millionen Dollar für ein Pilotprojekt. Cohen zieht Parallelen zu historischen Präzedenzfällen:
“Dieser Plan stellt eine Neuinterpretation des berüchtigten und gescheiterten Washingtoner Programms der strategischen Dörfer aus dem Vietnamkrieg dar, modernisiert durch ein biometrisches Erfassungssystem, welches der militärisch-industrielle Komplex der USA insbesondere seit dem 'Krieg gegen den Terror' verwendet.”
Nach Informationen von The Cradle sind an der Planung des Projektes mehrere pensionierte israelische Generäle beteiligt, finanziert durch die US-Regierung sowie internationale Spenden. Dieses Vorgehen erinnert an die südafrikanischen Homelands und dient potentiell auch als Vorstufe zur Errichtung neuer israelischer Siedlungen im Gazastreifen, die dann das Gebiet zwischen den Blasen besiedeln könnten. Das Gesamtkonzept dient gleichzeitig als Testfeld für umfassende Überwachungstechnologien, für die der Gazastreifen bereits in der Vergangenheit als Versuchsareal diente.
In Anbetracht des fortschreitenden “Plan der Generäle” zur Umsiedlung der palästinensischen Bevölkerung, insbesondere in Gebieten wie Dschabalia, steht zu befürchten, dass die skizzierten Pläne tatsächlich umgesetzt werden und die Bezeichnung “humanitäre Blase” eine zynische Realität annimmt.
Mehr zum Thema – Beschuss von UN-Friedenstruppen: Außenministerium betreibt Schuldumkehr