Von Pjotr Akopow
Heute neigt sich der BRICS-Gipfel in Kasan dem Ende zu, wobei ein umfassendes Treffen mit 13 Ländern stattfindet, die allesamt auf der Agenda für eine mögliche Aufnahme stehen. Angesichts weiterer Interessenten könnten die BRICS bald einer Reihe von Erweiterungen gegenüberstehen. Noch vor nicht allzu langer Zeit bestand die Gruppe aus den “Fünf” – heute sind es bereits die “Neun”. Der Ursprung als Trio aus Russland, China und Indien ist vielen noch bekannt; diese Formation startete im Jahr 2003 und fußt auf einer Idee von Jewgeni Primakow aus dem Jahr 1998, die drei großen eurasischen Mächte zu vereinen.
Zu jenem Zeitpunkt erkannte die russische Elite zwar nicht vollständig ihre geopolitischen Interessen oder Russlands globale Rolle, doch visionäre Staatsmänner wie der damalige Außenminister Jewgeni Primakow erkannten, dass eine Integration Russlands in den Westen, oder gar eine strategische Partnerschaft, Illusion war. Russland müsse sich auf den Osten konzentrieren, aus nationalen Interessen und dem Bestreben, eine neue, post-westliche Weltordnung zu etablieren. China und Indien wurden als die Kräfte gesehen, die neben Russland diese Ordnung vorantreiben und die nicht-westliche Welt konsolidieren könnten.
Dieser Plan stieß bei westlichen Beobachtern und Geopolitikern auf Kritik, nicht nur weil er ihren Interessen widersprach. Viele argumentierten, die Unterschiede zwischen den drei Mächten seien so groß und tiefgehend, dass eine dauerhafte Annäherung unwahrscheinlich sei. Zwar könnte eine zeitweise Zusammenarbeit gegen westlichen Einfluss entstehen, doch langfristig würde dieser Verbund über Konkurrenz um Einflusssphären letztlich scheitern. Deswegen fürchteten westliche Mächte nicht ernsthaft das Aufkommen einer geeinten Front unter der Führung Moskaus, Pekings und Neu-Delhis.
Die westliche Skepsis gegenüber einem strategischen russisch-chinesischen Bündnis hielt an, bis zu Beginn des Konflikts in der Ukraine – ein Thema, das heute kaum noch erwähnt wird. Auch wenn China nicht zu einem offenen militärischen Verbündeten Russlands wurde, ist die Positionierung beider Staaten in diesem Konflikt offensichtlich. Die Annahme, dass China die strategische Beziehung zu Russland für kurzfristige Vorteile im zunehmend konfrontativen Verhältnis zu den USA aufgeben würde, hat sich als Trugschluss erwiesen.
Der Westen hat nicht aufgehört, Differenzen zwischen Moskau und Peking zu betonen, mit weitgefassten Hoffnungen auf langfristige Divergenzen. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei auf die Nutzung der Spannungen zwischen Peking und Neu-Delhi gerichtet, ein Feld, auf dem noch viel zu tun bleibt. Der territoriale Konflikt zwischen China und Indien, ein Erbe der britischen Kolonialzeit, stellt das größte Hindernis auf dem Weg zu einer engeren Zusammenarbeit dar.
In der Geschichte kam es 1962 sogar zu einem Krieg zwischen beiden Ländern. Trotz starker Führungsfiguren wie Xi Jinping und Narendra Modi, die seit ihrer jeweiligen Amtsübernahme im Jahr 2012 bzw. 2014 erkennen, dass Grenzkonflikte nur den westlichen Gegenspielern in die Hände spielen, haben die jüngsten blutigen Zusammenstöße im Jahr 2020 gezeigt, dass die Wunden tief sitzen. Dennoch gab es jüngst diplomatische und militärische Gespräche, die zu Vereinbarungen führten, die die Bedingungen vor den Zusammenstößen wiederherstellten, und ermöglichten formelle Gespräche zwischen Xi und Modi am Rande des Kasaner Gipfels.
Das erste Treffen nach fünf Jahren zwischen dem chinesischen Präsidenten und dem indischen Premierminister unterstreicht die Bedeutung der Stärkung des Vertrauens zwischen den beiden Ländern, nicht nur für Russland, sondern für die gesamte nicht-westliche Welt. Der Erfolg dieser Gespräche könnte dazu beitragen, die Einflussnahme der USA auf das RIC-Dreieck zu mindern und die BRICS insgesamt zu stärken.
Aus dem Russischen übersetzt. Ursprünglich veröffentlicht am 24. Oktober 2024 auf RIA Nowosti.
Weiterführende Themen – BRICS-Kommuniqué: Sanktionen und einseitige Zwangsmaßnahmen verstoßen gegen internationales Recht.