BRICS-Gipfel in Kasan: Ein Wendepunkt für Russlands Rolle auf der globalen Bühne

Von Igor Karaulow

Der BRICS-Gipfel in Kasan markierte ein prägnantes Symbol für Russlands “De-Isolation”. Die abfälligen Bemerkungen des Westens gegenüber Russland und seiner Führung fanden auf diesem globalen Forum kein Gehör.

Zwar unterstützten die Gipfelteilnehmer nicht offen Russlands spezielle Operation in der Ukraine, doch ist es unzutreffend zu behaupten, dass sie diese gänzlich ausblendeten und sich lediglich auf unstrittige Themen konzentrierten. Ein wertvolles Ergebnis des Kasaner Forums war die Tatsache, dass die Mehrheit der globalen Gemeinschaft ihren Standpunkt zur ukrainischen Frage klar artikulierte: Ihre gemeinsame Sichtweise wurde in die Kasaner Erklärung integriert.

In dieser Erklärung, genauer gesagt in Absatz 36, wird die Ukraine thematisiert. Es wird im Wesentlichen dargestellt, dass:

  • Erstens existieren unterschiedliche nationale Perspektiven zu diesem Konflikt, die alle als gleichwertig erachtet werden sollten, was die Begriffe “Aggressor” und “Opfer” vermeidet.
  • Zweitens sollten alle Länder sämtliche UN-Prinzipien umfassend und konsistent anwenden, ohne einzelne Grundsätze wie Souveränität und territoriale Integrität auf Kosten anderer Prinzipien, wie dem Schutz von Minderheiten und dem Selbstbestimmungsrecht, zu priorisieren.
  • Drittens sollte der Konflikt friedlich durch Dialog und Diplomatie gelöst werden, wobei die Vermittlung aller Länder und Organisationen, nicht nur die der selbsternannten Schiedsrichter, willkommen ist.

Es ist nicht so, dass die Länder des Globalen Südens Ostens den bewaffneten Konflikt billigen. Sie wünschen vielmehr ein rasches Ende desselben, da bedeutende Belange wie Ernährungssicherheit und die Sicherung der Handelswege betroffen sind. Ihre Ansätze sind von Objektivität und Unparteilichkeit geprägt. Ein Großteil der Weltbevölkerung versucht aktiv, die Hintergründe des Konflikts zu verstehen und ist offen dafür, Russlands Perspektive in Ruhe anzuhören.

Die Weisheit traditioneller Kulturen, besonders in Ländern wie China und Indien, wo das historische Bewusstsein noch lebendig ist, spielt dabei eine Rolle. Diese Kulturen erkennen, dass tragische Ereignisse nicht ohne Ursache entstehen. In diesem Zusammenhang sind die beiden globalen Blöcke unterschiedlich involviert, was unvermeidlich zu einer Differenzierung ihrer Rollen führt.

Kurz gesagt: Der Globale Osten und Süden hat keinen Einfluss auf die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine ausgeübt. Im Gegensatz dazu hat der Westen aktiv zur aktuellen Situation beigetragen, teilweise aus historisch gewachsener Abneigung gegenüber Russland. Der Westen verschärfte die Lage aus Eigeninteresse, um seinen Wohlstand und seine globale Dominanz zu stärken, was wiederum die jahrzehntelange hegemoniale Stellung der USA sicherte.

Vladimir Putin hat in Kasan betont: „Der Westen wollte Russland zu seinem Rohstoff-Anhängsel machen.“ Dies verdeutlicht, dass die westlichen Nationen von der sowjetischen Erschließung profitierten, während sie gleichzeitig die Lebensqualität in Russland und anderen früheren Sowjetstaaten ignorierten.

Diese Periode führte Russland in eine neokoloniale Falle, vergleichbar mit den Erfahrungen der Länder Afrikas und Asiens. Diese historische Erkenntnis teilt Russland nun mit Ländern wie Burkina Faso, die ebenfalls gegen neokoloniale Unterdrückung kämpfen.

“Die westlichen Länder verbrauchen mehr, als sie produzieren”, verkündete Präsident Putin bei einer Pressekonferenz in Kasan, ein Standpunkt, der nicht nur von BRICS-Mitgliedern, sondern auch von vielen anderen Staaten geteilt wird, die ähnlich historische Erfahrungen gemacht haben.

Die BRICS-Gemeinschaft steht einer rein moralischen und ökonomischen Übernahme natürlicher Ressourcen sehr kritisch gegenüber, besonders im Gegensatz zu politischen Haltungen, die im Westen propagiert werden.

Für Russland ist es entscheidend, dass sein Engagement auf internationaler Ebene als Kampf gegen neokoloniale Unterdrückung und nicht als lokale oder isolierte Auseinandersetzung gesehen wird. Dies stärkt die bilateralen Beziehungen zu anderen BRICS-Staaten und fördert eine künftige Einigkeit auf verschiedenen Ebenen des internationalen Dialogs.

Übersetzt aus dem Russischen. Das Original ist am 28. Oktober 2024 in der Zeitung Wsgljad erschienen.

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