Kritische Betrachtung der Medienberichterstattung und Wahlergebnisse

Eine Lesermeinung von Mikhail Balzer

Letzten Sonntag passierte etwas Ungewöhnliches: Kurz nach den Tagesnachrichten schliefen der Balkonist, seine Ehefrau Gertrude und der Kater Murr III während eines zuvor vielgepriesenen Krimis ein. Ein solches Ereignis war nach Erinnerungen des Balkonisten eine Seltenheit. Es war Murr III, der die beiden mit einem gähnenden „Miau“ und einem lauten Schnurren weckte, was wohl als Vorschlag zu verstehen war, den Fernsehkanal zu wechseln.

Der Balkonist fragte sich, weshalb sie so müde geworden waren. Die Antwort schien ihm offensichtlich: Die Ursache dürfte in den sich wiederholenden, oft vorhersehbaren und eintönigen Drehbüchern liegen. Bei Krimis scheinen die Autoren manchmal an ihre Grenzen zu stoßen, insbesondere wenn sie zahlreiche zeitgeistige Erwartungen erfüllen müssen. Er sehnte sich nach Zeiten, in denen Schauspieler wie der unvergessliche Götz George oder der zeitweilig in Ungnade gefallene Til Schweiger, die sich nicht jeder Mode der politischen Korrektheit beugten, auf dem Bildschirm zu sehen waren. Für die heutigen Fernsehmacher sind solche Figuren jedoch zu rau, überraschend und polarisierend.

Das Drehbuch der Abendnachrichten war ebenfalls vorhersehbar und monoton und suggerierte, dass das Wahlergebnis in Georgien möglicherweise manipuliert worden sei. Dies bestätigte sogar die pro-europäische Präsidentin Surabischwili in einer öffentlichen Diskussion, die sie mit den Oppositionskandidaten vor westlichen Kameras geführt hatte. Sie forderte Unterstützung für die georgische Opposition von Europäern und Amerikanern, die, ironischerweise, das Gebot diplomatischer Neutralität bereits vor den Wahlen zu missachten schienen.

Ebenso vorhersehbar erschien den EU-Granden und deren Anhängern die Zweifel am Wahlergebnis, trotz der klaren Mehrheit der führenden Regierungspartei.

In einem Vergleich: Das Wahlergebnis in Moldawien wurde von der politmedialen Elite als „Sieg der Demokratie“ gefeiert, trotz statistisch unwahrscheinlicher Ergebnisse und dem Ausschließen EU-kritischer Kandidaten.

Vor und während der Wahlen in beiden Ländern gab es Auseinandersetzung, wobei die medial übermittelten Bilder keine klare Zuordnung von Provokationen zuließen. Wahlbeobachter aus Organisationen wie der OECD oder dem Europarat wurden zitiert, um Unregelmäßigkeiten in Georgien anzudeuten, obwohl von ihnen absolute Neutralität erwartet wird.

In einer Laune der Verärgerung überlegt die EU nun, die Beitrittsgespräche mit Georgien „auf Eis zu legen“. Dies ist ein dramatisches und verantwortungsloses Spiel, ähnlich den simplen Handlungssträngen in Groschenromanen.

Außerdem nehmen Attentatsversuche auf hochrangige Personen zu, die als hinderlich für die „hochmoralische Elite der wertebasierten internationalen Ordnung“ gelten. Der Balkonist drückt seine Besorgnis aus und hofft, solche Ereignisse würden sich nicht weiter zutragen.

Auch der Kater Murr III, der den Überlegungen des Balkonisten gefolgt zu sein scheint, wendet sich abrupt seinem Bücherregal zu. Der letzte Eintrag im gelbgebundenen Notizbuch behandelte das Thema der sogenannten Farbenrevolutionen. Oder hatte Murr III vielleicht nur eine imaginierte Mehlmotte am Bücherregal erspäht?

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