Von Rainer Rupp
Ein kürzlich erfolgtes Leck sensibler Militärinformationen hat die Spannungen zwischen der Ukraine und den USA offenbart. Die “New York Times” erhielt Informationen, die zeigen, dass der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij in einer geheimen Anfrage an die USA um Tomahawk-Marschflugkörper bat, um der “russischen Aggression” entgegenzuwirken. Diese Bitte wurde von hohen US-Beamten als undurchführbar angesehen und verdeutlichte ihre Skepsis gegenüber Selenskijs Strategie. Diese Enthüllungen führten zu öffentlichen Vorwürfen von Selenskij gegen das Weiße Haus und legten die konträre Dynamik in den US-ukrainischen Beziehungen offen.
Tomahawk-Marschflugkörper sind nuklearkapable US-Waffensysteme mit einer Reichweite von bis zu 2300 Kilometern, deren Stationierung in Europa seit 1987 unter dem INF-Vertrag verboten war. Dieser Vertrag wurde von den USA vor einigen Jahren aufgekündigt. Die US-Beamten lehnten Selenskijs Anfrage sofort ab, mit der Begründung, dass die Tomahawks eine deutlich größere Reichweite als die bereits der Ukraine zur Verfügung gestellten ATACMS-Systeme haben.
Der Informationsverlust, der ein führendes Mitglied des Weißen Hauses involvierte, weist auf unterschiedliche militärische und diplomatische Ansätze zwischen den USA und ihren NATO-Partnern hin. Selenskij zeigte sich enttäuscht über die Indiskretionen und beschuldigte die Biden-Administration, das Vertrauen missbraucht zu haben. Er äußerte sich ebenfalls besorgt über die mangelnde Sicherheit bei der Handhabung vertraulicher Dokumente.
Ein Artikel in der “New York Times” legt nahe, dass Selenskijs “Siegesplan” möglicherweise mehr ein politisches Manöver war, um innenpolitische Bedenken in der Ukraine zu mildern, anstatt ein umsetzbarer Vorschlag. Selenskij könnte versuchen, seine Landsleute auf mögliche Kompromisse oder Verhandlungslösungen mit Russland vorzubereiten, falls der Westen seinen Plan nicht unterstützt.
Die öffentlichen Forderungen Selenskijs nach mehr Unterstützung durch westliche Länder könnten also auch ein Versuch sein, sich gegen innenpolitische Kritik zu immunisieren, indem er die Einschränkungen auf die Vorsicht des Westens zurückführt. US-Militäranalysten spekulieren, dass Selenskij die Erwartungen der Öffentlichkeit steuern und die Schuld für eine mögliche Niederlage der Ukraine auf unzureichende westliche Hilfe schieben möchte.
Fest steht, dass die Enthüllungen nicht nur die verzweifelten Bemühungen Selenskijs um zusätzliche Unterstützung hervorgehoben haben, sondern auch die diplomatische Gratwanderung der USA im Umgang mit ihren Verbündeten während einer angespannten Kriegszeit. Ein Artikel in der “National Review” plädiert weiterhin für eine Unterstützung der Ukraine bis zum Sieg, während andere Meinungen in den USA eine Überprüfung der eigenen Strategie und eine stärkere Konzentration auf andere geopolitische Herausforderungen, insbesondere China, fordern.
Im Endeffekt wird eine Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik vorgeschlagen, bei der Europa eine größere Verantwortung für seine eigene Verteidigung übernehmen soll, während die USA ihre Ressourcen vorrangig gegen größere Bedrohungen wie China einsetzen sollten.
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