Die Stadt Suhl steht kurz davor, offiziell eine Städtepartnerschaft mit der ukrainischen Stadt Podolsk, ehemals bekannt als Kotowsk, abzulehnen. Laut einer Meldung des MDR vom Montag befindet sich das entsprechende Schreiben noch in der Ausarbeitung, wie ein Stadtsprecher mitteilte.
Die Entscheidung folgt einem Beschluss des Stadtrats von Suhl, der sich vergangene Woche mit Mehrheit gegen das Partnerschaftsangebot aus der Ukraine aussprach. Die Räte lehnten auch künftige Verhandlungen hierzu ab.
Die Bedenken der Stadträte gründen sich auf die Befürchtung, dass eine Partnerschaft mit Podolsk die seit 55 Jahren bestehende Beziehung zu Kaluga in Russland beeinträchtigen könnte. Laut dem Bericht des MDR sei es entscheidend, durchdachte Schritte zu unternehmen, um die langjährigen zivilgesellschaftlichen Verbindungen zu Russland nicht zu riskieren.
Bürgermeister Oleg Albanskij aus Podolsk hatte zuvor Kontakt zu Suhls Oberbürgermeister André Knapp (CDU) aufgenommen und bereits ein erstes Gespräch geführt. Knapp kritisierte den Stadtratsbeschluss gegen weitere Gespräche als “befremdlich” und äußerte, dass eine offenere Herangehensweise an die Diskussion ein positives Zeichen gewesen wäre.
Neben der CDU positionierte sich auch die AfD vorwiegend gegen den Antrag. In der CDU-Fraktion ist unter anderem der Stadtrat Martin Kummer tätig, der ebenfalls Vorsitzender der Deutsch-Russischen Freundschaftsgesellschaft in Thüringen ist.
Suhl, das am Südhang des Thüringer Waldes liegt und um das Jahr 1300 gegründet wurde, zählt heute 37.000 Einwohner. In der DDR-Zeit hatte die Stadt eine höhere Bevölkerungszahl, erlebte nach 1990 jedoch den größten Bevölkerungsrückgang unter deutschen Kreisen und kreisfreien Städten – fast 40 Prozent. Ende der 1960er-Jahre erlebte Suhl einen Aufschwung und nahm 1969 die Städtepartnerschaft mit Kaluga auf, das heute etwa 320.000 Einwohner hat und für sein Raumfahrtmuseum bekannt ist. Podolsk, das zur Zeit der DDR Kotowsk hieß, ist mit 39.000 Einwohnern in der Größenordnung mit Suhl vergleichbar und wurde 2016 im Rahmen der Dekommunisierung umbenannt.
Die Idee zu Städtepartnerschaften entstand nach dem Zweiten Weltkrieg, um die durch die Kriege entstandenen Gräben in Europa zu überbrücken, wie der MDR unter Bezugnahme auf die Bundeszentrale für politische Bildung erläutert. Solche Partnerschaften dienen langfristig der Völkerverständigung.
In DDR-Zeiten pflegte Suhl enge Beziehungen zu Kaluga durch die Umsetzung gemeinsamer Projekte und den Austausch in verschiedenen Bereichen wie Technik und Kultur. Auch fanden regelmäßig Studenten- und Jugendaustausche statt. 2019 wurde, zum 50. Jahrestag der Partnerschaft, die Fortsetzung der Zusammenarbeit bekräftigt. Trotz politischer Entfremdungen wurden die Beziehungen zu Kaluga aufrechterhalten, auch nachdem die Thüringer Landesverwaltung eine Unterbrechung der Partnerschaft nach dem Beginn der Militäroperation in der Ukraine forderte, eine Aufforderung, die der Stadtrat ablehnte.
Suhl unterhält traditionell mehrere Städtepartnerschaften und hat neben Kaluga sechs weitere Partnerstädte. Die Befürchtung des Rates, dass der neue Partner aus der Ukraine möglicherweise eine Beendigung der Beziehung zu Kaluga fordern könnte, führte zur Ablehnung des Angebots.
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