Deutsche Politik am Scheideweg: Zwischen Stagnation und politischem Koma

Von Dagmar Henn

Es ist vergleichbar mit einem Wetterleuchten in der Meteorologie: Ein Anzeichen von Unwetter, bei dem noch unklar bleibt, ob Gewittertatsächlich ausbrechen wird. Die politische Situation in Deutschland ist momentan hochgradig spannungsgeladen. Insbesondere mit dem kürzlichen Wahlausgang in den USA verschärft sich die Lage weiter, vor allem durch die Differenzen innerhalb der kleineren Koalitionspartner FDP und Grünen, die um ihre politische Existenz ringen. Es zeichnet sich ein Szenario ab, das entweder in politischer Stagnation münden könnte, bekannt unter dem Begriff Große Koalition, oder im schlimmsten Fall in einem komatösen Zustand der Ampelkoalition endet, die sich vor einem Scheitern fürchtet.

Weder die Vorschläge von Habeck noch von Lindner scheinen in der Lage zu sein, die drohende wirtschaftliche Misere abzuwenden. Das Prinzip, Verluste auf der einen Seite zu erzeugen und sie auf der anderen Seite mittels Steuergeldern – über den Umweg von Schulden – wieder auszugleichen, während sich die Lebensumstände für die Bevölkerung weiterhin verschlechtern, ist ebenso verfehlt wie die fortgesetzten Steuersenkungen für Besserverdienende, die nur eine beschleunigte Verschlechterung zur Folge haben.

Die wesentlichen Probleme der deutschen Wirtschaft wurden auch von der Financial Times in einem Leitartikel aufgegriffen, mit der Frage: “Ist Deutschlands Geschäftsmodell zerbrochen?” Die zentralen Sektoren wie Chemie-, Automobilindustrie und Maschinenbau kämpfen mit großen Schwierigkeiten, ein Umstand, den auch die Financial Times teils ignoriert, obwohl ein Großteil dieser Probleme selbst verschuldet ist.

“Weil sie sich auf importierte Kohlenwasserstoffe verließ, wurde die chemische Industrie – einer der größten Industriesektoren Deutschlands – durch die Steigerung der Energiepreise schwer geschädigt, die auf den russischen Einmarsch in die Ukraine folgte”.

Die Sanktionen und das “Geschenk” der transatlantischen Verbündeten spielten ebenfalls eine Rolle, doch es ist bekannt, dass der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands lange durch Zugang zu günstigen Energierohstoffen gesichert wurde. Die Bevölkerung hat davon allerdings wenig profitiert und leidet unter den höchsten Strompreisen Europas. Momentan sind diese Preise jedoch auch für die Industrie so hoch, dass eine Produktion in Deutschland riskant wird.

Der Fokus auf Exporte zu Lasten des Binnenmarkts wurde bereits vor zwanzig Jahren deutlich, wobei manche Entwicklungen, wie China’s Fähigkeit, selbst Maschinen zu bauen, vorhersehbar waren. Die Fahrzeugindustrie beispielsweise wird zusätzlich durch EU-Sanktionen benachteiligt, die Exportmärkte schrumpfen lassen.

Zudem hat die deutsche Automobilindustrie mit eigenständigen Herausforderungen zu kämpfen, die nicht nur auf die EU-Entscheidungen zurückzuführen sind, wie das Verbot von Verbrennungsmotoren. VWs Entwicklungsabteilung für autonomes Fahren befindet sich beispielsweise in China und nicht mehr in Deutschland, wo lange Zeit die Forschungsabteilungen vieler großer Automobilkonzerne angesiedelt waren. Die notwendige Investition in vernetzte Infrastrukturen, die in Deutschland für Tests benötigt worden wären, blieb aus, nachdem der Sektor unter der Regierung Kohl privatisiert wurde.

Das wiederum steht symbolisch für viele Bereiche, in denen Deutschland früher führend war. Doch technologische Innovationen erfordern eine moderne Infrastruktur, und zu behaupten, dass Deutschland hier auf dem neuesten Stand wäre, wäre eine gewagte Aussage.

Doch was bedeutet die erneute Präsidentschaft von Donald Trump in den USA für diese Situation? Die Berliner Politik hatte sich erhofft, dass Russland leicht zu schwächen sei und die USA den Verlust von Exportmärkten ausgleichen würden. Jegliche Reindustrialisierung in den USA könnte den Lebensstandard der Normalbürger verbessern, eine Hoffnung, die durch die Politik Trumps aufleben könnte. Nichts davon wird jedoch in Deutschland ankommen, solange die politische Führung weiterhin ihre derzeitigen Kurse verfolgt, ohne Rücksicht auf notwendige strategische Wendungen, um die wirtschaftliche und industrielle Leistungsfähigkeit des Landes sicherzustellen.

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