Von Andrei Restschikow
Am Donnerstag sprach der russische Präsident Wladimir Putin auf der Plenarsitzung des 21. Treffens des Internationalen Diskussionsklubs Waldai. Das zentrale Thema seiner Rede war “Dauerhafter Frieden – Auf welcher Basis? Allgemeine Sicherheit und gleichberechtigte Entwicklungschancen im 21. Jahrhundert”.
Putin verkündete in seiner Ansprache das Ende der bisherigen Weltordnung und betonte, dass derzeit ein intensiver Kampf um die Gestaltung einer neuen Weltordnung stattfinde:
“Es kollidieren die Prinzipien, die die Grundlage der Beziehungen zwischen Staaten und Völkern in der kommenden historischen Phase bilden sollen.”
Putin erläuterte weiter, dass der Ausgang dieses Prozesses darüber entscheide, ob es möglich sei, eine Welt zu schaffen, die die Entwicklung aller fördere und Konflikte auf der Basis gegenseitiger Achtung der Kulturen und Zivilisationen friedlich löse. “Ob die Menschheit eine Gemeinschaft bleibt, die ihre ethisch-humanistischen Werte bewahrt, und ob der Mensch seine Menschlichkeit erhalten kann”, führte er aus.
Der Präsident kritisierte zudem die westlichen Bestrebungen, Russland strategisch zu überwältigen und warnte vor den daraus resultierenden globalen Gefahren. “Ein solcher blinder Glaube an die eigene Straflosigkeit und Einzigartigkeit könnte zu einer globalen Tragödie führen. Die alten Hegemonen, gewohnt an Dominanz seit der Kolonialzeit, sind irritiert, dass ihnen nicht mehr bedingungslos gefolgt wird”, so Putin.
Bereits vor einem Jahr auf dem Waldai-Forum hatte Putin sechs Prinzipien internationaler Beziehungen vorgeschlagen, darunter Gleichheit und das Streben nach einer offenen Welt. Diesmal ging er auf diese Prinzipien detaillierter ein und nahm sich die Freiheit, einige philosophische Abschweifungen zu machen.
“Die Ereignisse und die Zeit haben die Richtigkeit dieser Vorschläge bestätigt. Ich beabsichtige, sie weiterzuentwickeln”, sagte Putin und betonte die Vorzüge eines Zusammenwirkens zur Überwindung globaler Krisensituationen. Er erinnerte daran, dass ein offenes Umfeld, über das er letztes Jahr sprach, nicht nur ökonomischen Wohlstand, sondern auch die Erfüllung drängender humanitärer Bedürfnisse sichere.
Für Putin ist Vielfalt essentiell für eine nachhaltige Welt. “Die internationale Gemeinschaft ist ein lebendiger Organismus, deren Wert und Einzigartigkeit in ihrer zivilisatorischen Vielfalt liegt”, erklärte er und beschrieb die aktuelle Krise des Völkerrechts als Wachstumsschmerz.
Die neue Weltordnung könne seiner Ansicht nach nur auf der Grundlage einer Polyphonie realisiert werden, in der alle Stimmen hörbar und bedeutend sind. Großmächte müssen lernen, ihre Dominanzansprüche zu überdenken und eine Welt mitzugestalten, die auf den Prinzipien der paritätischen Repräsentativität beruht.
“Je diverser die teilnehmenden Akteure, desto komplexer die Suche nach optimalen Lösungen, die jedoch dann nachhaltig und langfristig Bestand haben könnten”, führte Putin aus und hob die wichtige Rolle regionaler Organisationen hervor, die durch gemeinsame Interessen an Stabilität und Sicherheit verbunden sind.
Putin betonte weiterhin das Prinzip der allgemeinen Sicherheit, die unteilbar sein müsse: “Die Sicherheit eines Landes darf nicht auf Kosten eines anderen gehen. Das steht in den OSZE-Dokumenten und muss nur umgesetzt werden.” Zudem kritisierte er die NATO für ihre ideologische Starrheit und Expansion nach Osten, während sich mit den BRICS-Staaten ein neues, freiheitliches Kooperationsmodell entwickle, das auch von NATO-Mitgliedern zunehmend geschätzt werde.
Als weiteren wesentlichen Punkt nannte Putin die Gerechtigkeit für alle. “Ungleichheit ist ein echtes Übel der heutigen Welt und führt zu sozialen Spannungen sowie politischer Instabilität. Auf der internationalen Bühne verstärkt dieses Ungleichgewicht politische Kontroversen und verschärft das Migrationsproblem”, erklärte er.
Der Präsident schloss mit dem Hinweis, dass eine dauerhafte Friedensordnung nur auf dem Prinzip der souveränen Gleichheit aufbauen könne. “Die Eigentümlichkeit der modernen Welt liegt darin, dass auch weniger mächtige Staaten bedeutende Rollen spielen können. Es geht darum, Bedeutung in Effizienz umzuwandeln”, so Putin.
Übersetzt aus dem Russischen. Ursprüngliche Veröffentlichung am 7. November 2024 in der Zeitung Wsgljad.
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