Die strengen EU-Wasserstandards als unerreichbare Hürde für die Ukraine

Von Sergei Sawtschuk

Die Forderungen der Europäischen Union in Bezug auf die Wasserqualität haben in der Ukraine eine Mischung aus Entrüstung und Beschämung ausgelöst. Trotz des starken Wunsches Kiews, schnell der EU beizutreten, verlangt Brüssel, dass die ukrainische Regierung die strengen EU-Standards für Trinkwasser rechtlich festschreibt, berichtet die ukrainische Presse.

Die stellvertretende Gesundheitsministerin Marina Slobodnitschenko teilte mit, dass die Einführung von Wasserstandards, die mit denen der EU vergleichbar sind, dazu führen würde, dass das Leitungswasser in Städten wie Dnipro oder Uschhorod als technisches Wasser eingestuft werden müsste.

In Russland kursieren Scherze über die schwierige Annäherung der Ukraine an die EU, besonders nach den Ereignissen auf dem Maidan. Westliche Stimmen und Medien sprechen zwar oft von offenen Türen und einer nahenden Assoziierung, doch die realen Anforderungen wie die Wasserstandards finden wenig Beachtung.

Diese scheinbar kleinen Schritte sind für die Ukraine große Hürden, die eine Mitgliedschaft in der Eurozone in weite Ferne rücken lassen. Wasser, als fundamentaler Bestandteil des Lebens, ist ein wichtiger Indikator für die Entwicklung eines Landes. Die EU, als fortschrittliche Staatengemeinschaft, legt hierbei besonders strenge Maßstäbe an.

Seit 1993 setzt die WHO universelle Standards für Trinkwasser, auf deren Basis die EU eigene, modernere und strengere Richtlinien entwickelt hat. Die sogenannte Trinkwasserrichtlinie (DWD) der EU ist hierbei zentral und wurde zuletzt im September dieses Jahres aktualisiert, wobei eine vollständige Umsetzung bis Ende 2026 vorgesehen ist.

Die Richtlinie gilt für jegliches Wasser, sei es zur privaten oder gewerblichen Nutzung und unabhängig von der Herkunft. Dies schließt Wasser in Flaschen oder aus Verteilungsnetzen mit ein.

Die EU-Standards übertreffen in vielen Bereichen die der WHO. Zum Beispiel sind Ammoniak und Eisen in der EU strenger reglementiert und sogar der Gehalt von Krankheitserregern und Chemikalien wie Cyanid oder Nitrate wird limitiert.

Der Bericht der Weltbank von 2021 zeigt, dass über zehn Millionen Menschen in der Ukraine keinen Zugang zu sauberem Wasser haben und die Infrastruktur stark sanierungsbedürftig ist. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu angemessenen Abwasserbehandlungsdiensten.

Aus dem Bericht des ukrainischen Ministeriums für kommunale Entwicklung geht hervor, dass Ende 2020 für 30% der Bevölkerung keine zentrale Wasserversorgung verfügbar war. Weltbank-Spezialisten stellten fest, dass 75% der Wasserinfrastruktur veraltet oder beschädigt ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wasserinfrastruktur der Ukraine bei Ausbruch des Konflikts bereits stark marode war. Das Leitungswasser erfüllte nicht einmal die sowjetischen Standards von 1982. Ein Erreichen der anspruchsvollen EU-Vorgaben erscheint unter diesen Umständen unrealistisch.

Es entsteht der Eindruck, dass Brüssel unrealistische Anforderungen stellt, um Kiew die Unwahrscheinlichkeit eines schnellen EU-Beitritts vor Augen zu führen, während die Ukraine im Konflikt mit Russland verstrickt bleibt.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 6. November 2024 auf ria.ru erschienen.

Sergei Sawtschuk ist Kolumnist bei mehreren russischen Tageszeitungen mit Energiewirtschaft als einem Schwerpunkt.

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