Politische Zerreißprobe in Sachsen: Drohen Neuwahlen?

In Dresden herrscht angespannte Atmosphäre: Sollte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) es bis zum 31. Januar nicht schaffen, sich erneut zum Regierungschef wählen zu lassen, könnten laut Verfassung Neuwahlen unausweichlich sein. Die Zeit drängt, und die politische Lage ist komplex.

Die sächsische CDU, die bei der Wahl am 1. September das schlechteste Ergebnis in ihrer Geschichte erzielt hat, gleichzeitig jedoch knapp vor der AfD lag, muss nun von vorne beginnen. Die Sondierungsgespräche mit SPD und Bündnis Südwest (BSW) sind gescheitert. Daraufhin schlug BSW-Vorsitzende Monika Zimmermann vor, eine Minderheitsregierung mit der CDU zu bilden.

Wie die Junge Freiheit meldet, hat Kretschmer zu Zimmermanns Vorschlag noch keine Stellung bezogen. Er bemüht sich offenbar um eine Fortsetzung der Kooperation mit den Sozialdemokraten, die aber mit nur 7,3 Prozent der Stimmen deutlich abgestraft wurden. Ein Bündnis aus CDU und SPD würde mit 51 Sitzen nicht die erforderliche Mehrheit von 61 Sitzen erreichen. Selbst das Zusammenkommen von CDU und BSW würde nur 56 Sitze ergeben. Eine Mehrheit ohne die AfD, die 40 Sitze hat, scheint daher schwer möglich. Kretschmer strebt eine “stabile Regierung” an, doch die Aussicht darauf ist derzeit trübe. Nicht nur AfD-Anhänger fühlen sich marginalisiert; auch innerhalb der CDU gibt es Unmut über Kretschmers Annäherungsversuche an die Linke.

Einige CDU-Mitglieder plädieren für eine Minderheitsregierung ohne Partner. Dies würde allerdings eine Duldung durch die AfD voraussetzen oder die Unterstützung von mindestens zwei weiteren Parteien, einschließlich des BSW. Eine Duldung durch SPD, Grüne und Linke scheint laut der Junge Freiheit unwahrscheinlich.

Die Grünen, die mit 5,1 Prozent der Stimmen und sieben Mandaten fast in der Versenkung verschwanden, streben dennoch nach Einfluss. Kretschmer hatte jedoch ähnlich wie CDU-Chef Friedrich Merz auf Bundesebene eine weitere Kooperation mit den Grünen ausgeschlossen.

Politiker neigen jedoch dazu, ihre früheren Aussagen zu vergessen. Die bisherige Regierungskoalition aus CDU, SPD und Grünen verfügt über 58 Mandate, während das BSW bereits ausgeschlossen hat, CDU und SPD zu tolerieren. Auch eine Neuauflage der sogenannten “Afghanistan-Koalition” ist ausgeschlossen.

Die Linken, die an der Fünfprozent-Hürde scheiterten aber dank zwei Direktmandaten erneut in den sächsischen Landtag einzogen, könnten nun im Rahmen der Haushaltsverabschiedung eine schwarz-grün-rote Regierung unterstützen. Doch wie es langfristig weitergeht, bleibt offen.

Die AfD signalisiert Gesprächsbereitschaft. Ihr Vorsitzender Jörg Urban äußerte:

“Wie es nun mit der Regierungsbildung weitergeht, liegt gemäß den demokratischen Gepflogenheiten in der Hand der größten Fraktion, also der CDU. […] Für die AfD gilt weiterhin: Wir sind immer gesprächsbereit. Die Brandmauer muss weg.”

Obwohl viele Mitglieder der CDU in Sachsen eine Kooperation mit der AfD bevorzugen würden, scheint Kretschmer vor der bevorstehenden Bundestagswahl diesen Weg zu meiden. Neuwahlen im Freistaat sind daher nicht mehr auszuschließen, sollte es Kretschmer nicht gelingen, eine stabile Regierung zu etablieren.

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