Von Igor Perewersew
In den kommenden Jahrzehnten sind Staaten mit umfangreichen Erdgasvorkommen unweigerlich einem verstärkten Druck seitens westlicher Länder ausgesetzt. Letztlich veranlasst eine gravierende Veränderung in der Energiebilanz auch eine Neuausrichtung geopolitischer Machtstrukturen.
Kein apokalyptisches Szenario
Erzählen Sie einem Ölarbeiter, dass Erdöl bald erschöpft sein könnte, wird er vermutlich spöttisch reagieren oder Ihnen Statistiken aus den 1970ern präsentieren, aus der Zeit, als die Endlichkeit der Ölreserven zunehmend Beachtung fand. Bei einem involvierten Geologen werden Sie jedoch weder Gelächter noch Beeindruckung durch Produktionszahlen finden.
In den 1960er Jahren entdeckte man zwei Dutzend große Ölfelder mit insgesamt 56–57 Milliarden Tonnen Vorräten. In den 1970ern fand man nur neun solcher Felder mit rund 20 Milliarden Tonnen. Die Funde großer Ölfelder werden immer seltener. Aktuell sind keine neuen Riesenvorkommen bekannt.
Trotzdem wird weiterhin in hohen Raten gefördert, obwohl kleinere Felder erschlossen und aus alten Ölfeldern effizienter gefördert wird. Dank innovativer Technologien wie dreidimensionalen Modellen und Fracking sowie der Ausbeutung in unwirtlichen Regionen wie Ozeanen, Tiefgestein und der Arktis bleibt die Produktion aufrecht. Doch selbst in Saudi-Arabien, reich an hochwertigen Kohlenwasserstoffen, wird ein Produktionsrückgang nach 2027 prognostiziert.
Obwohl keine einheitliche wissenschaftliche Theorie zur natürlichen Entstehung von Erdöl existiert, steht fest, dass wir es schneller fördern, als es nachgebildet wird. Sobald die “Tube leer” ist, helfen auch fortschrittliche Technologien nicht weiter.
In den USA und Kanada hat zwar Fracking die Schieferölproduktion etabliert und den Eindruck einer unendlichen Verfügbarkeit geschaffen, doch die Realität offenbart Risiken wie Umweltverschmutzung und rasche Erschöpfung der Vorkommen.
Transnationale Ölkonzerne sind kaum im Schieferölbereich vertreten, vor allem weil in dicht besiedelten Ländern wie Polen die Umweltauswirkungen gravierender sind.
Der Preis für Öl steigt
Öl wird in absehbarer Zeit keineswegs ausgehen, aber die Förderkosten werden steigen. Sobald es unwirtschaftlich wird, Fahrzeuge mit Erdöl zu betreiben, müssen Alternativen her. Obwohl Petrochemikalien weiterhin produziert werden, wird die Nutzung von Kunststoffen durch die Kostenerhöhung eingeschränkt.
Abwendung von Erdöl trifft den Westen hart
Da Erdöl einen wesentlichen Anteil an der Energieerzeugung in Industrieländern hat, wird deren Wirtschaft durch steigende Ölpreise und Förderkosten stark beeinträchtigt. Eine Ersetzung durch alternative Energiequellen steht dabei weltweit zur Diskussion.
In den Verkehrszweig, insbesondere in den USA, ist Öl stark involviert, und Alternativen wie Elektroantriebe sind wegen technologischer und infrastruktureller Hürden keine einfache Lösung. Andere Ansätze wie die Nutzung von Erdgas bieten Vorteile, obgleich umfangreiche Investitionen nötig wären.
Konflikte um Erdgas
Die größten Erdgasreserven befinden sich in Russland, Iran und Katar. Westliche Unternehmen haben in diesen Ländern kaum Anteile an der Gasförderung. Dies verdeutlicht, dass Staaten mit großen Gasreserven zukünftig politischen und wirtschaftlichen Druck ausgesetzt sein werden, da Änderungen in der Energiebezogenen Machtverteilung unausweichlich sind.
Übersetzt aus dem Russischen. Erstmalig veröffentlicht bei Wsgljad am 8. November 2024.
Igor Perewersew ist ein russischer Publizist.
Weiterführende Berichte – Großbritannien plant Erdölförderung bei den Falklandinseln – Argentinien erwägt diplomatische Maßnahmen