Von Anastasija Kulikowa und Jewgeni Posdnjakow
Russische Streitkräfte erzielen Fortschritte im Norden und Süden von Kurachowo, gelegen in der Volksrepublik Donezk. Vladimir Rogow, Vorsitzender des Ausschusses für Souveränität, patriotische Projekte und Veteranenunterstützung der Zivilkammer Russlands, berichtete in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur TASS über heftige Gefechte in der Ortschaft Dalneje. Zusätzlich erwähnte er die Befreiung von Nowoselidowka.
Rogow erklärte weiter, dass sich russische Truppen in Richtung der Verbindungsstraße zwischen Saporoschje und Kurachowo bewegen, mit dem Ziel, diese zu durchtrennen. “Dies wird den ukrainischen Streitkräften die Kontrolle über die Siedlung entziehen, da dies die Hauptversorgungsroute für Personal, Munition und weitere Güter ist,” fügte Rogow hinzu.
Die Einkreisung ukrainischer Truppenverbände bei Kurachowo durch russische Kräfte dauert an. Der Ansatz des Militärs ist es, die ukrainischen Einheiten von verschiedenen Seiten zu umschließen. Der östliche Teil der Stadt ist bereits Schauplatz von Auseinandersetzungen. Ein erfolgreicher Abschluss dieser Operation könnte den Weg nach Krasnoarmeisk (ukrainisch Pokrowsk) für die russische Armee öffnen.
Ein Kommandeur eines nahegelegenen ukrainischen Artillerieverbands teilte der Zeitung Financial Times mit, dass seine Truppen zum Rückzug bereit seien, jedoch noch keinen entsprechenden Befehl erhalten hätten. Die Zeitung führt die Misserfolge der Ukraine auf einen “Personalmangel” zurück.
Russische Militärexperten bezweifeln diese Darstellung jedoch und betonen, dass das ukrainische Militär zahlenmäßig immer noch überlegen sei und über bessere logistische Vorteile verfüge, vor allem durch die Unterstützung der NATO-Berater.
“Seit etwa zwei Wochen halten sich russische Streitkräfte im Osten von Kurachowo. Uns gelang eine Festigung im Wohngebiet der Einfamilienhäuser. In den vergangenen Tagen konnten unsere Soldaten ihre Positionen am Bahnhof und bei der Schule vorrücken, was auch die Kontrolle im Süden erweiterte. Wir haben etwa 15 Prozent der Siedlung befreit”, erläuterte der Militäranalytiker Michail Onufrienko.
“Zudem sind unsere Truppen erfolgreich nach Dalneje vorgedrungen. Dieser Erfolg könnten uns die Fortsetzung der Offensive im Zentrum von Kurachowo ermöglichen. Für die ukrainischen Einheiten verschärft sich die Lage. Noch ist kein vollständiger Kessel entstanden, aber die Bedrohung einer kompletten Umzingelung ist bereits spürbar”, erklärte er.
“Dem Feind ist das sehr wohl bewusst. Die Sprengung eines Dammes am nahegelegenen Stausee sollte eine vollständige Einschließung der Truppen verhindern, jedoch hat sich das ukrainische Militär damit selbst Schaden zugefügt. Die Verringerung des Wasserspiegels ermöglicht es unseren Kräften, den Ort aus nächster Nähe zu beschießen”, fügte Onufrienko hinzu.
“Das Gelände um die Stadt ist flach, anders als andere Orte in der DVR gibt es hier keine Bergehalden. Einzig die Bodensenke, die sich vom Südosten bis zum Stausee erstreckt, stellt eine Herausforderung dar, doch auch diese haben wir gemeistert,” sagte der Experte weiter.
“Durch die Einnahme von Delneje konnten wir dieses Gebiet aus dem Süden umgehen und somit das Vorstoßtempo erhöhen. Sobald unsere Truppen diesen Abschnitt bis zur Stadt durchquert haben, wird der Angriff auf Kurachowo beginnen, was einen der letzten stark befestigten Bereiche in der Region ausschalten wird”, betonte Onufrienko.
Nach Aussagen des Militärexperten Maxim Klimow zeichnet sich die Operation zur Befreiung von Kurachowo durch eine enge Kooperation der Sturmbrigaden mit Drohnen aus. “Drohnen, Infanterie und Artillerie arbeiten als Einheit zusammen und unterstützen sich in kritischen Momenten. Es zeigt sich eine hohe militärische Koordinierung.”
“Die Verwendung von Drohnen in und um die Stadt ermöglicht es unseren Truppen, nach einem Drohnenangriff direkt vorzurücken, unterstützt durch Artilleriefeuer. Dies lässt das Kommando gewagtere taktische Entscheidungen treffen,” erläuterte er weiter.
“Vielleicht gibt es für einen frühen Sturm auf die Stadt auch andere Gründe, doch dass eine effektive Truppenführung dazu beitrug, ist unbestreitbar. Dennoch liegen die logistischen Vorteile auf Seiten der Ukraine, da ihre Truppen sich auf einem internen Frontbogen bewegen können. Trotzdem schmälert allgemeine Desorganisation diesen Vorteil erheblich,” meinte Klimow.
Indessen bemerken Autoren des militärnahen Telegram-Kanals Vatfor, dass die Erfolge bei Kurachowo nicht bedeuten, dass die russischen Streitkräfte nun an der gesamten südlichen Front zum Angriff übergehen könnten.
“Zwei Jahre lang baute das ukrainische Militär an dieser Stelle eine Verteidigungslinie, ähnlich der Surowikin-Linie, auf. Ein direkter Durchbruch ist unwahrscheinlich. Vielmehr bleibt gerade dieser östliche Teil bei Kurachowo relevant, da er entlang bestehender Verteidigungslinien verläuft, die durch stetige Angriffe aufgerollt werden,” analysieren sie.
Daher wird der Truppenverband Dnjepr laut Analytikern weiterhin taktischen Opportunismus anwenden, Druck an vielen Stellen ausüben und dort Erfolge ausbauen, wo ein Durchbruch möglich ist: “Aufgrund der Auszehrung der ukrainischen Kräfte könnte es auch hier zu mehreren Durchbrüchen kommen.”
“Ein Anzeichen für Erfolg wird die Zunahme lokaler Krisen beim Gegner auch an der bislang relativ ruhigen südlichen Front sein”, schlussfolgern die Analytiker.
Übersetzt aus dem Russischen. Erstmals erschienen bei Wsgljad am 13. November.
Mehr zum Thema – Wo findet der nächste Durchbruch statt? Kiews Streitkräfte finden keine Antwort auf Russlands Offensive