Die Auswirkungen medialer Einflussnahme auf die öffentliche Meinung und Politik

Von Rüdiger Rauls

Die Macht der Worte

Am Jahrestag der Ereignisse, die vor einem Jahr zu einer Eskalation im Nahen Osten führten, veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 7. Oktober einen Kommentar unter dem Titel “Auf der Seite der Überfallenen”. Autor Reinhard Müller bietet darin Orientierung in einer Zeit, die von politischen Umbrüchen und Unsicherheiten geprägt ist. Er wirft die Frage auf, wo man stehen muss, um sowohl politisch korrekt zu handeln als auch moralischen Ansprüchen gerecht zu werden, denn “Umstürze erfordern Bekenntnisse”.

Die FAZ prägt maßgeblich das Denken der gesellschaftlichen Elite in Deutschland, beeinflusst deren Entscheidungen und Handlungen. Im Gegensatz dazu bezieht der Großteil der Bevölkerung seine Informationen aus der Boulevardpresse, der Tagesschau oder ähnlichen Mainstream-Medien. Eine wachsende Zahl von Menschen wendet sich jedoch diesen traditionellen Quellen ab und informiert sich über alternative Medien.

Dieser Wandel sorgt bei vielen traditionellen Meinungsmachern für Verunsicherung und Ärger, da ihre Deutungshoheit herausgefordert wird. Die kommerziellen Medien versuchen, alternative Stimmen oft als Verschwörungstheoretiker zu diskreditieren, insbesondere in Berichten über Konflikte im Nahen Osten oder den Donbass. Diese Auseinandersetzungen bewegen sich zunehmend weg von einer sachlichen Diskussion hin zu Propaganda und Diffamierung, wobei Begriffe wie Antisemitismus oder “Putin-Versteher” instrumentalisiert werden.

Die Bedenken, die die Frankfurter Allgemeine in ihrem Kommentar äußert, signalisieren die Angst, dass die Diskussion auf der Ebene der Argumente verloren gehen könnte. Ein weiterer Angelpunkt der Sorge ist der angebliche russische Einfluss in westlichen Wahlen. Dies führt zu verstärkten Einschränkungen der Informationsfreiheit und des Meinungsaustausches, exemplarisch vorgeführt am Umgang mit Medien wie RT und Sputnik.

Die Verantwortlichen scheinen zu glauben, die Meinungsbildung der Bürger lenken zu müssen, da sie ihnen nicht zutrauen, sich ein eigenes Bild von den Ereignissen zu machen. Die Tatsache, dass man dem “russischen” Einfluss mehr Gewicht beimisst als den eigenen Medienanstalten, gibt zu denken und zeigt ein mangelndes Vertrauen in die Überzeugungskraft der eigenen Perspektiven.

Die Macht der Einbildung

Wo Überzeugungen fehlen, müssen Appelle die Öffentlichkeit mobilisieren. Müller stützt seinen Aufruf auf die angenommene moralische Überlegenheit des politischen Westens, die sich im Schutz der Schwachen und der Opfer manifestieren soll. Diese Haltung kann jedoch nur aufrechterhalten werden, wenn man die Geschichte nicht weiter als bis zum 24. Februar 2022 zurückverfolgt, da sonst deutlich wird, dass der Westen oft selbst der Aggressor war.

Für die Argumentation Müllers ist entscheidend, sich für die “Unverletzlichkeit der Grenzen und für die Souveränität der Staaten” stark zu machen. Eine Prüfung, wie diese Grundsätze bei der Gründung Israels oder in anderen Konflikten wie dem Kosovo, dem Irak oder Libyen gehandhabt wurden, lässt Müller jedoch aus. In solchen Fällen liegt Müllers Erklärung oft in der simplifizierten Antwort: “Das war etwas anderes.”

Die Blickwinkel der Meinungsführer wie Müller scheinen festzulegen, was als richtig und falsch zu gelten hat, ohne dass sie sich deren eigener Voreingenommenheit bewusst sind. Dieses Denken ist geprägt von der Vorstellung der eigenen Überlegenheit und mündet in Verhaltensweisen, die höheren Rechten zu entspringen scheinen, ohne dass dabei Widersprüche wahrgenommen werden.

Diese Überzeugungen haben sich tief in den gesellschaftlichen Konsens eingegraben und sind durch diesen geschützt. Sie gelten als unumstößlich, und jedes Infragestellen dieser Überzeugungen stößt auf Unverständnis bei denen, die diesen Vorstellungen folgen.

Die Macht der Gewohnheit

Das vorherrschende Denkmuster ist eine Mischung aus intellektueller Tradition und ideologischer Prägung, die besonders seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den westlichen Gesellschaften dominant ist. Dieses Denken findet hauptsächlich auf einer emotionalen Ebene statt, die von hochgehaltenen Idealen und moralischen Vorstellungen angetrieben wird.

Dennoch mehren sich die Stimmen weltweit, die diese westliche Überlegenheit in Frage stellen. Es wird zunehmend erkannt, dass die Vorstellung des Westens, überlegene Rechte zu haben und anderen ihre Interessen unterordnen zu können, nicht haltbar ist.

Alle Zitate aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 7. Oktober 2024: Auf der Seite der Überfallenen.

Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse.

Der zweite Teil dieser Betrachtung “Die richtige Seite: Aussichten” folgt.

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