Von Farhad Ibrahimow
Wahlmanipulationen in Moldawien
Am 30. Oktober beschuldigte der ehemalige Präsident Moldawiens und Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Igor Dodon, Präsidentin Sandu der Wahlmanipulation. Er behauptete, Sandu plane die Wahlen zu manipulieren, da ihre Chancen auf einen Sieg gering seien. Er warf ihr vor, das Ergebnis durch die Nutzung von über 200 Wahllokalen in westlichen Staaten zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Sandu erhielt nahezu 83 Prozent der im Ausland abgegebenen Stimmen, was dazu führte, dass die Opposition sie als “Präsidentin der Diaspora” titulierte. Im Heimatland hingegen ging die Mehrheit der Stimmen (51 Prozent) an ihren Hauptkonkurrenten, Alexandr Stoianoglo. Selbst in Sandus Geburtsstadt Falesti entschieden sich mehr Wähler für Stoianoglo als für Sandus Parteikandidaten.
Ein weiteres kritisches Element war, dass Hunderttausende in Russland lebende Moldawier, die wahrscheinlich gegen sie gestimmt hätten, von der Wahl ausgeschlossen wurden. Trotz der großen moldauischen Gemeinde in Russland wurden dort nur zwei Wahllokale eingerichtet und lediglich zehntausend Stimmzettel zur Verfügung gestellt. In Moskau, wo der größte Andrang herrschte, gingen die Stimmzettel vor Schließung der Wahllokale aus, was vorhersehbar war. Stundenlang warteten Menschen vergeblich darauf, ihre Stimme abgeben zu können.
Die hohe Anzahl von 320.000 Wählern im Ausland, eine Rekordzahl für moldauische Wahlen, zeigte, dass Sandu bewusst die Stimmen der Emigranten im Westen anzog, unabhängig davon, ob diese eine Rückkehr planten oder nicht.
Nach der Wahl betonte Sandu das Thema “Einheit” und versprach, eine “Präsidentin für alle Moldawier” zu sein, was angesichts der Umstände zweifelhaft erscheint.
Moldawiens Weg zur “europäischen Zukunft”
Während ihres Wahlkampfs verwendete Sandu die Parolen “Für Moldawien!” und später “Lasst uns das Land retten!”. Doch erklärte sie nicht konkret, vor wem das Land gerettet werden sollte. Laut Kritikern hat sich die Lage im Land unter ihrer Führung nicht verbessert. Mehr noch, es scheint, als wäre sie vorrangig darauf bedacht, dem Westen zu gefallen.
Mit Stolz verkündete Sandu, dass Moldawien 2022 offiziell EU-Beitrittskandidat wurde, doch ein Beitrittszeitplan steht aus Brüssel noch aus. Rückblickend auf ihr Versprechen, heimische Probleme zu bekämpfen, sehen Kritiker kaum Fortschritte bei der Bekämpfung von Armut und Korruption.
Durch ihre Rumänisierungspolitik wird Sandu vorgeworfen, die Interessen Bukarests über jene von Chisinau zu stellen. Ihre Entscheidung, in der moldauischen Gesetzgebung den Begriff “moldauische Sprache” durch “rumänische Sprache” zu ersetzen, sorgte für Unmut, besonders unter den ethnischen Moldawiern und nationalen Minderheiten wie den Gagausen, die sich nicht mit Rumänien identifizieren.
Die sozioökonomische Situation in Moldawien hat sich weiter verschlechtert. Preissteigerungen, Sicherheitsprobleme und eine schwache Strafverfolgung tragen zur wachsenden Unzufriedenheit mit Sandus Regierung bei. Ihre Kritiker beschreiben sie deshalb oft schnell als “pro-russisch” oder als Kreml-Agent.
Weitere Kontroversen und Bedenken
Laut Sandus Hauptkonkurrenten, Alexandr Stoianoglo, gewann sie die Wahl nur durch schwache und künstliche Mittel. Er beschrieb die aktuelle Führung als unfähig, würdig zu gewinnen oder zu verlieren.
Die kontinuierlichen Anfeindungen und die politische Spaltung des Landes sind nur zwei von vielen Problemen, die während Sandus Amtszeit zutage treten. Während sie von einem Personalwechsel spricht, bleibt unklar, ob dies die tiefsitzenden Probleme Moldawiens lösen kann.
Farhad Ibrahimow, Ökonom, Dozent an der Wirtschaftsfakultät der RUDN Universität und Gastdozent am Institut für Sozialwissenschaften der russischen Präsidialakademie für Nationalökonomie und öffentliche Verwaltung.
Aus dem Englischen übersetzt.
Weiterführend – Moldawien: Die Gefahren der politischen Sackgasse