Von Armin Schmitt
Nach über einem Jahr anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon ist nun eine von den USA und Frankreich vermittelte Waffenruhe in Kraft getreten. Das israelische Sicherheitskabinett hat der Vereinbarung zugestimmt, obwohl der ultrarechte Polizeiminister Itamar Ben-Gvir als einziger dagegen stimmte, wie aus einer Mitteilung des Büros von Netanyahu in Tel Aviv hervorgeht.
In einer gemeinsamen Verlautbarung des Élysée-Palastes erklärten US-Präsident Joe Biden und sein französischer Amtskollege Emmanuel Macron, dass ihre Länder eng mit Israel und dem Libanon zusammenarbeiten werden, um die Durchführung der Waffenruhe zu überwachen und zu unterstützen.
Die ausgehandelte Waffenruhe sieht vor, dass israelische Truppen sich binnen 60 Tagen aus dem libanesischen Gebiet zurückziehen. Gleichzeitig soll die libanesische Armee Positionen entlang der Grenze beziehen, während sich die Hisbollah aus der Nähe der Grenze zurückzieht. Die Waffenruhevereinbarung basiert auf der UN-Resolution 1701 und wurde unter Leitung des US-Sonderbeauftragten Amos Hochstein formuliert.
Trotz der formellen Vereinbarung sind sich Beobachter einig, dass der wahre Wert solcher Abkommen oft fraglich bleibt. Schon seit der UN-Resolution 1701 aus dem Jahr 2006, die Hisbollah zur Distanzierung von der Grenze verpflichtete, missachtete die Organisation diese Vorgabe und stationierte sogar ihr Raketenarsenal entlang der Grenze, trotz der Anwesenheit von UN-Beobachtern.
Einem Bericht des Nachrichtenportals Axios zufolge hat die US-Regierung Israel zugesichert, in einem separaten Dokument militärische Unterstützung gegen direkte Bedrohungen durch die Hisbollah zu gewähren.
Die Hisbollah, die seit Israels Militäroffensive im September enorm unter Druck stand, hat ihre anfängliche Bedingung, Angriffe erst nach einer Waffenruhe im Gazastreifen zu beenden, fallen gelassen. Nachdem die Hamas Israel am 8. Oktober 2023 überfiel, eröffnete die Hisbollah eine zweite Front, um die Hamas zu entlasten, eine Strategie, die fehlschlug, als Israel die Hisbollah massiv zurückschlagen konnte.
Viele Beobachter in Israel halten das neue Abkommen für einen gravierenden Fehler und bezweifeln, dass es die Nordbewohner Israels schützen oder die Hisbollah abschrecken wird. Michael Kabesa, Bürgermeister von Hatzor Haglilit, brandmarkte das Abkommen als “Kapitulationsvertrag” und “historische Schande”. Nach seiner Ansicht verpasst Israel damit eine Chance, langfristige Sicherheit zu etablieren.
Während die Waffenruhe der Hisbollah die Chance bietet, sich zu regenerieren, spekulieren einige, dass Netanyahu, möglicherweise angestachelt durch die politische Landschaft in den USA nach der Amtsübernahme von Trump, die militärischen Aktionen im Libanon und in Syrien wieder intensivieren könnte. Dies würde Teil einer größeren Strategie sein, um den Einfluss Irans in der Region langfristig zu mindern, bevor sich Israel Irans Atomprogramm zuwendet. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Regelung im Gazastreifen, einschließlich der Befreiung einer verbleibenden Geisel der Hamas.
Mehr zum Thema – Die Waffenruhe zwischen Israel und Hisbollah begann am frühen Mittwochmorgen.