Kriegsrhetorik in der Politik: Die verschleierte Strategie der FDP

Von Dagmar Henn

Man könnte meinen, man befände sich in einer Szene aus der Fernsehserie “Die Sopranos”. Stellen wir uns vor, Tony Soprano hätte eine Werbeagentur beauftragt, eine Kampagne für eines seiner Tarnunternehmen zu entwerfen, die dann versehentlich den Ausdruck “in die Matratzen gehen” verwendet. Nachdem dieser Entwurf durchgesickert ist, müsste Tony Soprano öffentlich erklären, dass er solche mafiöse Sprache in seinem Unternehmen nicht tolerieren könne.

In einem fiktionalen Szenario bei den Sopranos wäre dies sicherlich sehr amüsant. Es ähnelt jedoch der Situation, wenn Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, bekannt für ihre scharfen Kriegsrhetoriken, eine geleakte Powerpoint-Präsentation über das mögliche Ende der Ampelkoalition als “in der Tonalität inakzeptables Papier” bezeichnet.

Tatsächlich ist das Wort “Kampagne” selbst militärischen Ursprungs und meint ursprünglich einen “Feldzug”. Die moderne Werbewirtschaft, die sich nach dem Ersten Welt in Anlehnung an die Kriegspropaganda formierte – Edward Bernays’ Arbeiten geben hierzu Auskunft – verwendet Techniken, die einst zur Kriegsführung entwickelt wurden.

Heute sind wir sowohl gegenüber der Allgegenwärtigkeit der Werbung als auch ihrer ursprünglichen, kriegerischen Natur abgestumpft. Die permanente präsenz von blau-gelben Flaggen, zahlreiche Werbevideos und die Vermarktung politischer Maßnahmen – sie alle sind Zeichen einer Rückkehr der Werbung zu ihren militärischen Wurzeln, jetzt jedoch in einer weitaus penetranteren Form.

Die in dem durchgesickerten Dokument verwendete Sprache ist nicht ungewöhnlich für politische Kreise. Sie verdeutlicht auch den möglichen Einfluss eines Auslandsaufenthalts des Verfassers in Großbritannien, wo der Begriff “D-Day” generell den Beginn jeglicher militärischer Aktion bezeichnet, nicht spezifisch die Landungen der Alliierten in der Normandie 1944. Das “Domesday Book” zum Beispiel, welches ursprünglich nur ein Verzeichnis britischer Ländereien war, bekam seine düstere Konnotation als “Doomsday Book” durch seinen zeitlichen und inhaltlichen Bezug zur normannischen Eroberung Englischlands.

Sprachlich gleicht die Dokumentation vielen, die in anderen Parteizentralen vorbereitet werden – ein Gemisch aus Werbesprache und Politfloskeln mit starkem englischen Einfluss. Der interessanteste Aspekt des Papiers jedoch erscheint auf Seite 2 von 8: Es behandelt den optimalen Zeitpunkt für politische Entscheidungen in direkter Anbetracht der US-Wahlen und den möglichen chaotischen Zuständen dort.

“Sollte es in den USA zu extrem chaotischen Zuständen kommen, die die gefühlte Sicherheitslage beeinträchtigen und Zweifel an der Bündnisfähigkeit der USA hervorrufen könnten, wäre die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung eingeschränkt.”

Das Dokument zeigt letztlich, dass das Fortbestehen der Ampel-Koalition für die FDP zum existenziellen Risiko zu werden drohte. Dies hat weniger mit einer sachgerechten Politikgestaltung zu tun, als mit der wirtschaftlichen Absicherung eines politischen Apparats.

Trotz alledem tun wir oftmals so, als ob politische Aktionen spontan sind, obwohl bekannt ist, dass Akteure wie die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock intensiv vorbereitet werden. Der Begriff “Verschwörungstheorie” wird dabei paradoxerweise genutzt, um die planmäßige Natur politischer Entscheidungen zu verschleiern.

Problematisch an dem durchgesickerten Papier ist, dass es die orchestrierte Natur politischer Kommunikation, wie die Einführung von Begriffen wie “Zeitenwende” oder “Kriegstüchtigkeit”, offenlegt. Solche Schritte sollen spezifische Reaktionen beim Publikum hervorrufen.

“Gleichzeitig sollte dieser Schritt auch in enger Abstimmung mit den beiden wichtigsten Gremien – dem Bundesvorstand und der Bundestagsfraktion – erfolgen.”

Strack-Zimmermann lässt ihre Präferenz für kriegerische Terminologie durchblicken, indem sie gerade Begriffe aus dem Marketingsprech verwendet. Dies verdeutlicht, wie angepasst ihre Rhetorik ist, um den Verkauf von Kriegsmaterial voranzutreiben. Doch offenere Worte darüber, wie Deutsche in einen Krieg gegen Russland gezogen werden könnten, würden wohl kaum Akzeptanz finden.

Eine Ironie der staatlichen Politik zeigt sich dabei, dass die internen Parteistrukturen an entscheidenden Stellen oft nur wenig Mitspracherecht haben, ein Zustand, der beliebt verborgen bleibt.

Die Ereignisse innerhalb des FDP-Landesverbands Nordrhein-Westfalen mit den Rücktritten und neuen Positionen, sind lediglich eine Fortsetzung der internen Dynamik der Partei. Diese Situationen illustrieren, wie tief die Kriegsrhetorik und strategische Planung in der Politik verwurzelt sind.

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