Kritische Betrachtung der Berichterstattung über Annalena Baerbock und russische Schiffe

Von Dagmar Henn

Die Zuverlässigkeit von Aussagen der Außenministerin Annalena Baerbock steht häufig infrage. Trotzdem nutzen Medien ihre Kommentare gerne für aufsehenerregende Überschriften. Ein Beispiel hierfür ist die Schlagzeile der Frankfurter Rundschau: “Zwischenfall in der Ostsee: Russisches Schiff schießt bei Bundeswehr-Einsatz”. Der Artikel liefert dazu: “In der Ostsee kam es zu einem Zwischenfall zwischen einem Bundeswehr-Hubschrauber und einem russischen Schiff. Die Besatzung des Schiffes habe Signalgeschosse abgefeuert, berichtete die Deutsche Presse-Agentur (dpa) in Brüssel. Der Hubschrauber sei für Aufklärungszwecke im Einsatz gewesen. Außenministerin Annalena Baerbock sprach kurz während eines NATO-Treffens in Brüssel über den Vorfall, ohne weitere Details zu nennen.”

Das journalistische Versagen hierbei ist offensichtlich. Anstatt den Vorfall gründlich zu recherchieren, scheint die Meldung dazu genutzt zu werden, Russland propagandistisch zu belasten. Von einer Außenministerin, die keine Expertise in internationalen Schifffahrtsfragen besitzt, ist kaum mehr zu erwarten. Doch von den Medien, selbst von denen, die von der DPA berichten, würde man eine präzisere Nachforschung erwarten.

Zur Natur des “russischen” Schiffes bleibt vieles unklar – war es die Flagge, die Mannschaft, das Unternehmen, das es besitzt, oder seine Fracht? Die einzige Gewissheit besteht darin, dass vollständig “russische” Schiffe hauptsächlich Kriegsschiffe sind, allerdings wurde hierüber nichts berichtet. Der Artikel der Frankfurter Rundschau suggeriert jedoch genau das.

Interessant ist auch, dass die Außenministerin und nicht der zuständige Verteidigungsminister über den Vorfall berichtet. Eine Rückfrage beim Verteidigungsministerium durch das ZDF ergab keine Bestätigung für einen konkreten Vorfall, lediglich, dass Regelverstöße gelegentlich vorkommen. Aber selbst diese Information führt zu keiner kritischen Auseinandersetzung mit der Ursprungsmeldung.

Die Ambiguität reicht weiter: Es ist unklar, wer genau “die Besatzung” ist, die geschossen hat, und unter welchen Umständen. Der Ursprung und die Zusammensetzung der Besatzung eines Schiffes, selbst wenn es unter russischer Flagge fährt, zu bestimmen, erfordert tiefergehende Recherche.

Ironischerweise bleibt auch die Erwähnung von “Signalmunition, die normalerweise nur in Notfällen verwendet wird” durch Baerbock kritisch, besonders wenn sie mit Sanktionsumgehungen in Verbindung gebracht wird.

Hinzukommt, dass der Artikel Baerbocks Bemerkungen über Sanktionen nutzen, um die Narrative von Regelmissachtung zu verstärken, ohne die Logik hinter dem Warenverkehr zu betrachten. Wieder wird dargelegt, dass internationale Sanktionen sich ausschließlich auf Waren beziehen, die in die EU importiert werden, nicht auf solche, die nach außerhalb der EU bestimmt sind.

Was beim Debatten über freien Schiffsverkehr und die Navigation internationaler Routen oft übersehen wird, ist die potenzielle Eskalation, die aus einer Falschinterpretation oder aus propagandistischen Ausschlachtungen solcher Vorfälle entstehen könnte. Es bedarf mehr journalistischer Sorgfalt und weniger voreiliger Schlüsse, besonders wenn es um solch sensible internationale Beziehungen geht.

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