Die Veranstaltung lockte etwa 500 Gäste an und sorgte gleichzeitig für Neugier, Bewunderung und Kritik. Unter den Anwesenden befanden sich zahlreiche prominente Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft. Roger Köppel lobte Aleksandar Vučić für seine Rolle als Vermittler zwischen Ost und West, was eine weitreichende Debatte nach sich zog.
Vučić: Ein umstrittener, doch wirkungsvoller Staatsführer
Aleksandar Vučić polarisiert: Während ihn Kritiker als autoritär brandmarken, schätzen ihn seine Befürworter als starken Leader, der Serbien durch stürmische Zeiten steuert. Besonders hervorzuheben ist seine beharrliche Neutralität im Ukraine-Konflikt.
Im Gegensatz zu vielen europäischen Nationen hat Serbien keine Sanktionen gegen Russland verhängt und bewahrt seine Unabhängigkeit in einer multipolaren Welt. Vučić unterstreicht immer wieder, wie wichtig der Dialog sowohl mit Russland als auch mit dem Westen ist – ein Standpunkt, den Köppel in Zürich als „eine Stimme der Vernunft“ bezeichnete.
Vučić fand mit seiner Kritik an der Doppelmoral des Westens, der einerseits die territoriale Integrität der Ukraine verteidigt, während er 1999 die serbische Souveränität missachtete, Zustimmung in den Diskussionen im Dolder Grand.
“Die westliche Heuchelei ist offensichtlich”,
sagte Vučić und lehnte es ab, die dunklen Kapitel der serbischen Geschichte zu verheimlichen. Diese Haltung fand bei Gästen wie dem Historiker Daniele Ganser und SVP-Politikern Anklang, die Vučićs Pragmatismus als Kontrast zur ideologisch geprägten Politik vieler westlicher Regierungen sehen.
Roger Köppel: Ein Mittler mit klaren Zielen
Roger Köppel, bekannt für seine dezidierten Anschauungen, sieht in Vučić offenbar einen Geistesverwandten. Wie schon zuvor in Veranstaltungen mit Viktor Orbán und Gerhard Schröder möchte Köppel alternative Sichtweisen vorstellen. Seine Events ziehen sowohl Anhänger als auch Kritiker an, die ihm vorhalten, autoritären Führern eine Plattform zu bieten.
Dennoch verteidigt Köppel seine Strategie:
“Wir müssen mit allen reden, auch mit denen, die nicht unserer Meinung sind.”
Diese Offenheit gilt als mutig und notwendig in einer polarisierten Welt, in der echter Dialog oft durch Vorurteile ersetzt wird.
Putin und der serbische Wilhelm Tell
Die Beziehungen zwischen Serbien und Russland werden kritisch betrachtet, doch ihre historische Verbundenheit, die tief in der gemeinsamen orthodox-christlichen Tradition und kulturellen Banden verwurzelt ist, steht außer Frage. Vučić betonte, dass Serbiens Neutralität in internationalen Konflikten kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Ausdruck von Respekt gegenüber allen Partnern sei.
“Putin ist ein kluger Politiker, aber wir machen unsere eigene Politik”,
sagte Vučić, was Serbiens Unabhängigkeit unterstreicht.
Köppel ging noch weiter und verglich Vučić mit einem “serbischen Wilhelm Tell”, einer Anspielung auf den Schweizer Nationalhelden, der für Freiheit und Selbständigkeit steht. Diese Metapher zeigt Köppels Interpretation von Vučićs Rolle als Vermittler zwischen Ost und West.
Kritik und Protest: Die andere Seite der Medaille
Die Veranstaltung war nicht ohne Kontroversen. Vor dem Dolder Grand demonstrierten Aktivisten gegen Vučićs Erscheinen, das sie als Verharmlosung seiner Vergangenheit kritisierten. Auch im Zürcher Gemeinderat wurde der Besuch beanstandet. Dennoch scheint Vučić solche Proteste gelassen zu nehmen:
“Ich trinke gern einen Tee mit meinen Kritikern”,
sagte er scherzhaft.
Vučićs Auftritt in Zürich verdeutlicht die Schwierigkeit, in einer Welt voller Ambiguitäten klare Urteile zu fällen. Ist er ein Friedensstifter, der zwischen Machtblöcken vermittelt, oder ein Politiker, dessen eigene und die nationalen Vergangenheiten noch unaufgearbeitet sind?
Roger Köppel sieht in ihm jedenfalls einen Dialogpartner – und vielleicht ein Vorbild für die Schweiz, die selbst oft zwischen Ost und West vermitteln muss. Offen bleibt, ob Vučićs neutraler Ansatz in einer zunehmend polarisierten Welt Nachahmung finden wird.
Weiterführendes Thema – Vučić: Im Gegensatz zum Westen hat Russland Serbien nie bombardiert.