Von Olga Samofalowa
Der russische Präsident Wladimir Putin schlug vor, die Vergabe von Vorzugskrediten an große Unternehmen an deren Börsenlistung zu knüpfen. Bisher sind es typischerweise kleinere Unternehmen, die den Schritt an die Börse wagen.
Der Präsidentenberater Maxim Oreschkin hatte zuvor die Idee geäußert, Subventionen für Unternehmen, die nicht an der Börse gelistet sind, zu überdenken. Diesen Vorschlag unterstützte auch die Zentralbankpräsidentin Elwira Nabiullina.
Putin erläuterte, dass in diesem Jahr in Russland 19 Erst- und Zweitplatzierungen stattgefunden haben, durch die insgesamt 102 Milliarden Rubel eingenommen wurden. “Die Ergebnisse sind zufriedenstellend, aber im globalen Vergleich noch gering”, fügte er hinzu. Putin hatte das Ziel gesetzt, die Marktkapitalisierung an den russischen Börsen bis 2030 im Vergleich zu 2023 zu verdoppeln, sodass sie zwei Drittel des BIP erreichen würde.
“Um die Investitionsbereitschaft in Unternehmen zu fördern, Kapazitäten auszubauen und Arbeitsplätze zu schaffen, werden wir definitiv den Kapitalmarkt stärken und den Gang an die Börse unterstützen”, sagte er während der Plenarsitzung des WTB-Forums “Russia Calling!”
Putin betonte, dass Investitionen in Börsenaktien für Russen genauso attraktiv sein sollten wie Bankeinlagen.
In diesem Jahr gab es an der Moskauer Börse insgesamt 19 Aktienplatzierungen, darunter 14 Börsengänge (IPOs), was einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren darstellt.
“Es gibt einen echten IPO- und SPO-Boom in Russland. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 gab es nur acht Börsengänge, und im schwierigen Jahr 2022 sogar nur einen. Harte westliche Sanktionen gegen russische Finanzinstitutionen trafen dann die Börse und die Anleger schwer”, kommentiert Natalia Miltschakowa, leitende Analystin bei Freedom Finance Global.
Vor dem Hintergrund geschlossener westlicher Finanzmärkte und anhaltender Sanktionen haben die Unternehmen jedoch kaum alternative Finanzierungsoptionen.
Die Situation auf dem russischen Aktienmarkt bleibt jedoch kritisch. “Es fehlt an Marktliquidität, große ausländische Investoren sind abgewandert und es mangelt an einheimischen Großinvestoren. Der russische Aktienmarkt hat sich zu einem Markt für kurzfristige Investitionen entwickelt”, erklärt Alexei Kurassow, Leiter Corporate Finance bei Finam Financial Group.
Einerseits verzeichnet die Moskauer Börse einen Anstieg neuer Anleger, andererseits ist deren Investitionsqualität gering.
Kurassow schildert, dass der Transaktionsumfang zurückgeht oder verschoben wird, und es kommt häufig zu technischen Platzierungen, bei denen weniger als 100 Anleger, meistens befreundete Investoren, teilnehmen. Eine Änderung der Börsenzulassungsvorschriften könnte dieses Problem lösen und einer Vielzahl solcher technischer Platzierungen vorbeugen.
Das Ziel, die Kapitalisierung des russischen Aktienmarktes bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln, ist nach Ansicht von Kurassow schwer umsetzbar ohne bedeutende und langfristige Kapitalzufuhr.
“Um die Kapitalisierung auf 100 Billionen Rubel zu heben, müssten bis 2030 Börsengänge im Wert von mindestens 2,5 Billionen Rubel stattfinden. Für ein solches Wachstum fehlen jedoch die Anreize”, so Kurassow weiter. Er befürchtet, dass das Erreichen dieses Ziels bloß zu einer Zunahme technischer Transaktionen führen wird.
“In Russland sind bisher eigene Mittel die primäre Finanzierungsquelle für Unternehmen”, sagt Miltschakowa.
Sie ergänzt: “Der Präsident möchte nicht, dass es zu Situationen wie in China kommt, wo große Unternehmen wie Evergrande Probleme mit der Schuldenbedienung hatten. Zudem ist es ein Ziel, große Investitionsinstitutionen aus den BRICS-Staaten und befreundeten Ländern für die russische Börse zu gewinnen.”
Die Diskussion um staatliche Unterstützung für Börsengänge großer Emittenten wird sicherlich weitergeführt. “Es wäre sinnvoll, großen Unternehmen, die an die Börse gehen, temporäre Steuererleichterungen zu gewähren”, schlägt Miltschakowa vor.
Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung Wsgljad.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde ursprünglich am 5. Dezember 2024 auf der Website der Zeitung Wsgljad veröffentlicht.
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