Laut einem Bericht der New York Times, der sich auf Angaben von zwei israelischen Offiziellen stützt, hat das israelische Militär kürzlich, erstmals seit dem Jahrzehnte zurückliegenden Oktoberkrieg von 1973, wieder syrisches Gebiet jenseits der Golanhöhen betreten. Die Zeitung formuliert es so:
“Am vergangenen Wochenende schritten israelische Bodentruppen über die entmilitarisierte Zone hinaus vor (…) und betreten damit zum ersten Mal offen syrisches Territorium seit den Kampfhandlungen im Oktober 1973.”
Den offiziellen Stellen in Tel Aviv zufolge bestand die Sorge, dass militante syrische Oppositionsgruppen die Kontrolle über nahe der Golanhöhen gelegene militärische Einrichtungen erlangen und diese gegen Israel einsetzen könnten.
Vor diesem Hintergrund hatte der auf Arabisch kommunizierende israelische Militärsprecher Avihai Edri die Bewohner von fünf grenznahen Gemeinden im Süden Syriens dazu aufgerufen, sicherheitshalber in ihren Wohnungen zu bleiben und das Freie zu meiden. Der israelische Staatssender Kan berichtete, dass die israelischen Streitkräfte am Sonntag eine syrische Stellung auf dem Berg Hermon besetzt hatten, nachdem sich die syrische Armee aus ihren Positionen in der Pufferzone zurückgezogen hatte.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte, das Abkommen über einen Rückzug von den Golanhöhen, das kurz nach dem Krieg 1973 mit Damaskus geschlossen worden war, sei nicht länger gültig, da Syrien seine militärischen Positionen aufgegeben habe. Die israelische Armee sei demnach angewiesen worden, die Grenzregion und die dortigen strategischen Punkte zu besetzen.
Infolge des Zusammenbruchs der Regierung von Präsident Bashar al-Assad und der Übernahme großer Gebiete durch bewaffnete Oppositionsgruppen hat Israel seine Verteidigungsanlagen auf den Golanhöhen verstärkt.
Vertreter der bewaffneten syrischen Opposition verkündeten am Sonntag, die Kontrolle über das Land übernommen zu haben. Der syrische Premierminister Mohammed Ghazi al-Jalali gab an, er habe mit einigen im Land verbliebenen Ministern Kontakt zur Führung der Opposition aufgenommen.
Das russische Außenministerium teilte mit, dass Präsident Bashar al-Assad nach Verhandlungen mit verschiedenen Konfliktparteien beschlossen habe, zurückzutreten und das Land zu verlassen, um eine friedliche Machtübergabe zu ermöglichen. Russland war an diesen Gesprächen nicht beteiligt. Später berichtete ein Kreml-Mitarbeiter der Agentur RIA Novosti, dass Assad und seine Familie in Moskau angekommen seien und Russland ihnen aus humanitären Gründen Asyl gewährt habe. Es wurde weiterhin mitgeteilt, dass Moskau mit Vertretern der syrischen Opposition in Kontakt stehe, die zugesichert hätten, die Sicherheit russischer Militärbasen und diplomatischer Einrichtungen in Syrien zu gewährleisten.
Bis zum Sechstagekrieg 1967 gehörten die Golanhöhen zu Syrien. Nach dem Krieg wurden sie von Israel besetzt und nach dem Jom-Kippur-Krieg 1973 wurde ein Waffenstillstands- und Rückzugsabkommen unterzeichnet. Seitdem sind UN-Friedenstruppen in der Region stationiert.
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