Im Jahr 2025 beabsichtigt die Europäische Union, im ersten Halbjahr neue Schulden in Höhe von 90 Milliarden Euro aufzunehmen, mit einer Gesamtverschuldung von 160 Milliarden Euro für das gesamte Jahr, wie von der EU-Kommission angekündigt. Die EU hat die Praxis geändert und nimmt nun generelle Anleihen auf, anstatt speziell zweckgebundene Schulden zu generieren. Für diese Verbindlichkeiten stehen die Mitgliedstaaten geradlinig ein; eine Entwicklung, die quasi durch die Hintertür der gemeinsamen Schuldenaufnahme erfolgte, die von der Bundesregierung besonders während der Finanzkrise stark abgelehnt wurde.
Diese Praxis ist aus mindestens einem Grund höchst umstritten: Laut den Maastricht-Verträgen ist es der EU-Kommission untersagt, Schulden aufzunehmen. Eine Ausnahme dieser Regel war während der Corona-Pandemie zu beobachten, als der EU-Kommission gestattet wurde, zur Finanzierung des Wiederaufbaufonds Schulden zu machen. Damals versicherte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass dies ein einmaliger Vorgang bleiben sollte, im Glauben, dass die Kommission zu günstigeren Konditionen finanzieren könne als die einzelnen Mitgliedsstaaten. Die aufgenommenen Mittel sollten dann innerhalb des Corona-Wiederaufbauplans an die EU-Staaten verteilt werden.
Jedoch setzte sich die Schuldenaufnahme fort, unter anderem zur Unterstützung der Ukraine während des Krieges. Die mittlerweile regelmäßige Schuldenaufnahme durch die Kommission scheint fast eine Schaffung von Gewohnheitsrecht durch wiederholte Vertragsverstöße zu sein.
Diese Dynamik dreht zusätzlich die Machtverhältnisse um. Das ursprüngliche Verbot der Schuldenaufnahme zielte unter anderem darauf ab, die EU-Kommission durch die Mitgliedstaaten kontrollieren zu lassen. Jetzt jedoch, wo die Kommission selbst Gelder verteilt, nutzt Kommissionspräsidentin von der Leyen ihre neugewonnene Macht auch taktisch, indem sie finanzielle Zuwendungen an politisches Wohlverhalten knüpft.
So hat die Kommission im Jahr 2022 die Auszahlung von Konjunkturhilfen an Polen und Ungarn verweigert, teilweise mit der Begründung, dass Ungarn nicht alle EU-Richtlinien zur Förderung von LGBT-Rechten umgesetzt hat. Dies zeigt, dass die EU-Kommission die Verteilung finanzieller Mittel politisiert und dadurch ihren Einfluss auf die Politik der EU-Mitgliedsländer ausbaut. Diese Handlungen vertiefen die Staatlichkeit der EU auf Kosten der Souveränität der Nationalstaaten und stehen im Konflikt mit den EU-Verträgen.
Weiterführende Informationen: EU-Finanzpolitik – Kriegskredite und Haushaltskontrolle.