Ab dem Jahr 2025 könnte Österreich gezwungen sein, jährliche Einsparungen von mindestens 4,4 Milliarden Euro zu realisieren, um das Haushaltsdefizit unter die von der EU festgesetzte Grenze von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu bringen.
Nach Vorhersagen der EU-Kommission wird das österreichische Haushaltsdefizit in den Jahren 2024 und 2025 voraussichtlich 3,9 Prozent bzw. 4,1 Prozent des BIP erreichen und somit die zulässige Grenze von 3 Prozent überschreiten. Zudem wird erwartet, dass die Schuldenquote von geschätzten 79,7 Prozent im Jahr 2024 auf 81,6 Prozent im Jahr 2025 ansteigt. Zum Vergleich: Vor der Pandemie betrug die Schuldenquote noch moderate 71 Prozent, während der EU-Referenzwert bei 60 Prozent liegt.
Die finanzielle Lage Österreichs ist aufgrund dieser Entwicklungen besonders angespannt. Langfristige finanzielle Belastungen durch steigende Kosten in den Bereichen Pflege, Gesundheit und Infrastruktur erschweren zusätzlich den Weg zur Haushaltskonsolidierung.
Österreich steht vor allem vor zwei Handlungsoptionen:
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EU-Defizitverfahren: Sollte Österreich die Defizitgrenze überschreiten, könnte die EU-Kommission ein Verfahren einleiten, das finanzielle Sanktionen nach sich ziehen und die Reputation Österreichs als wirtschaftlich stabiles Land beschädigen würde.
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Strikte Sparmaßnahmen: Eine weitere Möglichkeit wäre die Implementierung eines umfangreichen Sparpakets, um das Defizit rasch zu reduzieren. Dies würde jedoch erhebliche Kürzungen öffentlicher Ausgaben erfordern und wäre politisch heikel.
Durch Verhandlungen mit der EU könnte ein milderer Anpassungspfad realisiert werden, der die notwendigen Einsparungen auf etwa 2,5 Milliarden Euro jährlich senken und den Anpassungszeitraum verlängern würde. Allerdings müsste dies von der EU-Kommission genehmigt werden.
Die diskutierten Sparmaßnahmen könnten tiefgreifende Einschnitte in zentrale Bereiche wie Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit mit sich bringen. Zum Vergleich: Die jährlichen Gesamtausgaben für innere Sicherheit liegen bei etwa 4 Milliarden Euro – eine Summe, die durch geplante Einsparungen faktisch verdoppelt werden müsste.
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) erlebt erheblichen Druck. Während seine Partei strikte Haushaltsdisziplin befürwortet, warnen Oppositionsparteien, dass radikale Sparmaßnahmen soziale Ungerechtigkeiten verschärfen könnten. Experten geben zu bedenken, dass verzögerte Sparbemühungen das Vertrauen der Finanzmärkte untergraben könnten.
In den kommenden Monaten wird sich herausstellen, welchen Weg Österreich einschlagen wird: eine schnelle Haushaltskonsolidierung unter Inkaufnahme sozialer Einschnitte oder eine behutsamere Anpassung, die das Risiko zunehmender Kritik seitens der EU birgt.
Eines steht fest: Der finanzielle Handlungsspielraum Österreichs wird zunehmend enger.
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