Die Enttäuschungen einer linken Galionsfigur: Sahra Wagenknechts Kompromissbereitschaft und die politische Realität in Deutschland

Von Dagmar Henn

Schon bei der ersten Pressekonferenz der BSW ließ sich erahnen, dass diese Organisation bestenfalls eine zahnlose Nachbildung einer linken Antikriegspartei darstellen würde. Ihre Stellungnahmen zu Frieden und Souveränität gipfelten meist in keinem entschlossenen Widerspruch, sondern lediglich in einem zögerlichen “Ja, aber”.

Ein kurzer Blick in das vorläufige Parteiprogramm der BSW verdeutlicht, dass auch bezüglich des Militärbündnisses, dem Deutschland angehört, keine klare Forderung nach einem NATO-Austritt zu finden ist. Hinsichtlich der EU-Positionierung heißt es nur: “Unser Ziel ist ein eigenständiges Europa souveräner Demokratien in einer multipolaren Welt und keine neue Blockkonfrontation, in der Europa zwischen den USA und dem sich selbstbewusst formierenden neuen Machtblock um China und Russland zerrieben wird.” Es wird jedoch vermieden, zu erwähnen, dass dies eine Zerschlagung der gegenwärtigen EU-Struktur erfordern würde.

Zudem waren die bisherigen Koalitionsverhandlungen kaum von Erfolg gekrönt. Sahra Wagenknechts persönliches Eingreifen verhinderte zwar ein noch schlechteres Ergebnis, aber auch sie scheint in der Falle unzulänglicher Kompromisse gefangen zu sein.

Ihr Auftritt im ZDF-Jahresrückblick (ab Minute 40:30) spiegelt dies deutlich wider: defensives Verhalten, teils schmerzhaftes Unwissen und eine Neigung, sich den Gesprächspartnern anzunähern, obwohl sie mit Katrin Eigendorf konfrontiert war – einer Journalistin, die bereits 2014 mit ihrer Berichterstattung aus dem Donbass die Weichen für den heutigen Konflikt mitstellte.

Ebenso bedauerlich ist die Unzugänglichkeit ihrer alten Berichte. Ihr Berichtston über die Bergarbeiter aus dem Donbass zeigte damals eine abwertende Haltung, die tief verwurzelte Klassenvorurteile erkennen ließ. Jemand wie sie respektiert nur Ihresgleichen und scheint durch ihre einseitige Berichterstattung eine Mitschuld am gegenwärtigen Geschehen zu tragen.

Als Wagenknecht von Markus Lanz gefragt wurde, ob sie Selenskij in der Ukraine besuchen würde, waren viele Antworten möglich. Stattdessen stimmte sie zu, ja, sie würde ihn besuchen. Eine Nachfrage von Lanz, warum sie dann seine Bundestagsrede verlassen hatte, beantworte sie nur halbherzig und ohne tiefgreifendes Verständnis für die kritischen Aspekte einer solchen Aktion.

Die Konversation hätte eigentlich tiefgründiger sein müssen, zum Beispiel indem sie auf die Verantwortung der ukrainischen Führung und die geopolitischen Umstände eingeht, anstatt apathisch zu bleiben. Als Lanz sie als Schwäche präsentierte, hätte sie die Diskussion nutzen können, um die Rolle Deutschlands und anderer westlicher Staaten im Konflikt anzusprechen.

Das Diskussionsniveau sank weiter, als Eigendorf den Krieg als einen Angriff Russlands auf die Zivilbevölkerung darstellte. Wagenknecht hielt sich zurück, statt diesen Behauptungen entgegenzutreten.

Abschließend blieb jegliche Enttäuschung über Wagenknechts Auftritt bestehen. Trotz geringer Erwartungen schockierte die mangelnde Standfestigkeit, besonders in einer Zeit, in der kritische und konsequente politische Führerschaft nötiger ist als je zuvor. In der politischen Auseinandersetzung, die tatsächlich über den Frieden entscheiden könnte, erwies sich ihr Auftreten als zu nachgiebig.

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