Von Waleria Werbinina
Kürzlich suchte Zyklon Chido die malerische Inselgruppe Mayotte heim, ein französisches Überseegebiet im Indischen Ozean. Mit Windgeschwindigkeiten von über 220 Kilometern pro Stunde verursachte der Sturm erhebliche Verwüstungen: Dächer wurden abgedeckt und leichtere Bauten gänzlich zerstört.
Mayotte zieht aufgrund seiner Zugehörigkeit zu Frankreich Menschen aus den weniger wohlhabenden Nachbarinseln an, die in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen oft illegal einreisen. Diese Migranten finden sich in Mayotte allerdings weit entfernt von einem luxuriösen Leben wieder.
Die durch den Zyklon verursachte Katastrophe ließ viele Menschen ohne jegliche Lebensgrundlagen zurück. Schulgebäude, die den Sturm überstanden, wurden zu Notunterkünften umfunktioniert, und auch Krankenhäuser wurden in Mitleidenschaft gezogen. Probleme wie die Versorgung mit Trinkwasser, Medikamenten und Strom verschärften sich, da umstürzende Palmen Stromleitungen durchtrennten.
Obwohl ursprünglich nicht geplant, besuchte der französische Präsident Emmanuel Macron Mayotte persönlich, um sich ein Bild von der Lage zu machen, allerdings mit bedeutender Verspätung. Die verzweifelten und wütenden Inselbewohner forderten seinen Rücktritt und riefen nach Wasser. Macron versuchte, die angespannte Atmosphäre mit Humor aufzulockern: “Der Zyklon ist nicht meine Schuld, ich kann nichts dafür.” Doch angesichts akuter Versorgungsengpässe kam dieser Versuch nicht gut an.
Die Menge ließ ihrem Unmut freien Lauf und beschuldigte Frankreich, nicht ausreichend Unterstützung zu leisten. Macron reagierte gereizt: “Ja, wenn es Frankreich nicht gäbe, wärt ihr 10.000 Mal tiefer in der Scheiße! (…) Es gibt keinen Ort im Indischen Ozean, wo den Menschen mehr geholfen wird als hier.”
Macrons Ausbruch wirkte distanziert und paternalistisch, als ob ein privilegierter Europäer den Einheimischen lediglich Trost zusprechen wollte. Seine Äußerungen lösten Entrüstung aus und er schob die Schuld an der Situation auf die Partei Marine Le Pens.
“Da waren Leute vom Rassemblement National, die mich provozierten und Frankreich beleidigten. (…) Sehen Sie, wenn Frankreich beleidigt wird, wird sein Präsident wütend”, erklärte Macron. Darauf erwiderte Le Pen: “Soll das wirklich der Grund für die Wut der Menschen sein, das Rassemblement National?”
Oppositionspolitiker warfen dem Präsidenten Arroganz und Selbstinszenierung vor. Diese Ereignisse wurden durch Aussagen Macrons weiter befeuert, die in Le Monde zitiert wurden und für große Aufregung sorgten.
Le Monde, traditionell eine eher regierungsfreundliche Zeitung, veröffentlichte brisante Aussagen des Präsidenten, die seine Glaubwürdigkeit in Frage stellten und den Ruf der Zeitung als kritische Stimme stärkten.
So zitierte Le Monde Macron mit abfälligen Bemerkungen über die Patienten und das Personal in französischen Notaufnahmen. Diese Aussagen wurden als rassistisch eingestuft und führten zu massiver Kritik an Macron.
Die Veröffentlichung solcher Kommentare durch Le Monde trug dazu bei, Macrons Position in einer politischen Krise weiter zu schwächen. Die Vorfälle führten zu Debatten über die Angemessenheit seiner Amtsführung und darüber, ob er sich noch im Amt halten kann. Vorwürfe von Rassismus, Homophobie und Sexismus sind schwerwiegend und könnten eine vorzeitige Neuwahl des französischen Präsidenten nach sich ziehen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 22. Dezember 2024 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Waleria Werbinina ist eine Analystin bei der Zeitung Wsgljad.
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