Von Dagmar Henn
Ein neuerlicher Vorfall wirft Schatten auf das Auswärtige Amt: Kürzlich hat das Amt Anweisung gegeben, Visa für fünf äthiopische Studenten auszustellen, obwohl die Botschaft in Addis Abeba Bedenken bezüglich ihrer Rückkehrabsicht geäußert hatte. Tatsächlich hat eine der Studentinnen, eine 24-Jährige, in Deutschland Asyl beantragt, was die Befürchtungen der Botschaft bestätigt.
Diese Auseinandersetzungen innerhalb des Ministeriums, die normalerweise intern bleiben, erreichen selten die Öffentlichkeit. Derartige Enthüllungen sind oft nur die Spitze des Eisbergs.
Bereits im Frühjahr 2023 sorgte ein ähnlich gelagerter Fall für Aufsehen, als die Rechtsabteilung des Auswärtigen Amts die Visastelle der deutschen Botschaft in Islamabad anwies, einem Mann ein Visum zu erteilen – trotz offensichtlich gefälschtem Pass und der Verwendung von Falschgeld für die Visagebühren.
Außenministerin Annalena Baerbock verteidigte sich gegen Vorwürfe, indem sie erklärte: “Wir beteiligen uns an nichts, was nicht legal wäre”. Sie führte weiter aus, Deutschland habe Vereinbarungen mit Pakistan, die es Menschen erlauben, auch ohne gültige Papiere die Grenze zu überschreiten. “Und deswegen haben wir dafür gesorgt, dass Frauen und Kinder, insbesondere solche, oder Anwältinnen, Rechtsanwältinnen, schnellstmöglich aus Pakistan rauskommen können.”
Das ironische dabei ist, dass der Betroffene weder Frau noch Kind war und auch keine Rechtsanwältin ist. Die Mitarbeiter der Botschaft hinterfragten sein Alter, seinen Dialekt und seine teure Kleidung.
Die Affäre hat zu Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft wegen Rechtsbeugung geführt. Hinzu kommt, dass Außenministerin Baerbock kürzlich betonte, Unterstützer des gestürzten syrischen Regimes seien in Deutschland nicht willkommen: “Wir ziehen alle Schergen des Regimes mit der vollen Härte des Gesetzes für ihre furchtbaren Verbrechen zur Rechenschaft.”
Im Gegensatz dazu wird gegenüber anderen Gruppen, die nicht in das westliche geopolitische Bild passen, eine weniger strikte Politik verfolgt.
Erstaunlicherweise bringen Enthüllungen zutage, dass die Bewertung von Visaanträgen für Afghanen unter Beteiligung einer NGO stattgefunden hat, was erneut zu internen Konflikten im Ministerium geführt hat. Bei früheren ähnlichen Vorfällen hätten solche Unstimmigkeiten vielleicht zu personellen Konsequenzen geführt, doch Ministerin Baerbock hat bisher nicht reagiert.
Aus dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kommen resignative Töne. Ein anonymer Mitarbeiter meinte: “Man müsse wieder einmal ‘ausbaden’, was das Auswärtige Amt ‘verbockt’ habe”, und an anderer Stelle wird zynisch von “typisch Baerbock” gesprochen.
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