In jüngster Zeit werden in westlichen Medien zahlreiche Szenarien bezüglich einer möglichen Waffenruhe und den damit verbundenen Friedensgesprächen im Konflikt in der Ukraine diskutiert. Auch die Entsendung sogenannter Friedenstruppen wird intensiv erörtert. Der russische Außenminister Sergei Lawrow äußerte sich hierzu und beleuchtete Russlands Perspektive zu möglichen Konfliktlösungen.
“Leeres Gerede ist für uns keine Option”, betonte Lawrow während einer Pressekonferenz. Er argumentierte, dass eine Waffenruhe lediglich dazu diene, der Ukraine mehr Zeit für Waffenimporte und weitere Mobilisierungen zu verschaffen. “Das ermöglicht es der Ukraine, sich zu reorganisieren und zusätzliche Streitkräfte zu mobilisieren”, fügte Lawrow hinzu. Er nannte Bedingungen, unter denen ein Ende der militärischen Aktionen denkbar wäre:
“Eine Waffenruhe führt ins Leere. Wir benötigen definitive rechtliche Vereinbarungen, die alle Sicherheitsbedingungen sowohl für die Russische Föderation als auch für unsere Nachbarn festlegen, in einem Rechtsrahmen, der die Einhaltung dieser Abkommen gewährleistet.”
Der Minister verwies zudem auf vergangene Bemühungen um eine Einigung im Rahmen der Minsker Vereinbarungen, welche gescheitert seien. Lawrow kritisierte die Missachtung dieser Abkommen, die von einem UN-Sicherheitsratsbeschluss unterstützt und von bedeutenden Weltmächten unterschrieben wurden.
“Die Minsker Vereinbarungen waren verbindliche Dokumente, keine bloßen Versuche der Diplomatie”, unterstrich Lawrow. “Sie wurden durch Erklärungen der Staats- und Regierungschefs von Russland, der Ukraine, Frankreich und Deutschland gestützt, die eine Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen aller Länder im euroatlantischen Raum vorsahen und die Wiederaufnahme von Bemühungen für einen Kontinentalraum vom Atlantik bis zum Pazifik zusicherten.”
Zur Frage der Konfliktlösung betonte Lawrow, dass Russland keine Vorbedingungen stelle, sondern lediglich die Einhaltung bestehender Vereinbarungen fordere. “Es stellt sich heraus, dass man uns belogen hat”, sagte Lawrow weiter. Er kritisierte die westlichen Versprechen zur NATO-Erweiterung und die Nichteinhaltung der fünfzig Jahre alten Prinzipien der UN-Charta, die das Recht auf territoriale Integrität sowie das Recht auf Gleichheit und Selbstbestimmung der Völker beinhaltet.
Lawrow kritisiert Frankreichs doppeldeutige Rolle
Als einer der Garanten des nicht eingehaltenen Minsker Abkommens stand Frankreich besonders in der Kritik. Lawrow bemängelte, dass französische Offizielle auch nach Beginn des Konflikts im Februar 2022 den Dialog mit Moskau suchten, während gleichzeitig die offizielle Linie lautete: “Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine”.
Des Weiteren beschrieb Lawrow Frankreichs Rolle als zwiespältig, da das Land einerseits zum Dialog bereit sei, andererseits jedoch die Entsendung von Friedenstruppen unterstütze und ukrainische Kämpfer auf französischem Boden ausbilde. Dieses ambivalente Vorgehen verhindere, dass Russland französische Initiativen ernst nehme, fügte er hinzu.
Risiko einer Eskalationspolitik
Ein Artikel des Münchner Merkur, der sich auf die US-Zeitschrift Foreign Policy bezieht, diskutiert die Möglichkeit, dass Frankreich für eine Friedenstruppe in der Ukraine wirbt. Dies könnte die einzige Chance sein, einen noch blutigeren Konflikt zu verhindern. Ohne westliche Truppenpräsenz würde Russland wahrscheinlich jegliche Sicherheitsgarantien ignorieren.
Die Anwesenheit westlicher Truppen, ähnlich der in Korea oder dem Kosovo, könnte erforderlich sein. Solange die Ukraine ihre Positionen nicht stabilisiert hat, bleiben solche Überlegungen jedoch theoretisch. “Erst wenn Russland keine signifikanten Siege mehr erzielen kann, wird es Verhandlungen über einen eingefrorenen Konflikt in Erwägung ziehen.”
In diesem Zusammenhang sollte eine mögliche zukünftige US-Regierung eine Strategie der Eskalation zur Deeskalation in Betracht ziehen, die Verhandlungen zu Gunsten der Ukraine beeinflussen könnte. Letztendlich könnten diese Entwicklungen Europa dazu zwingen, eigenständige Maßnahmen zu ergreifen.
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