Steigende russische Gasexporte nach Europa trotz politischer Spannungen

Laut Alexander Nowak, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Russlands, sind die Gasexporte des Landes nach Europa im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr um 18 bis 20 Prozent gestiegen.

Zwischen Januar und November hat das Gesamtvolumen des exportierten Pipeline-Gases und Flüssigerdgases (LNG) die Marke von 50 Milliarden Kubikmetern überschritten.

Nowak hob die Vorteile des russischen Gases hervor:

“Trotz aller Aussagen und des Drucks durch Sanktionen bleibt die Nachfrage bestehen, da Gas ein sehr ökologisches Produkt ist. Zudem ist russisches Gas hinsichtlich Logistik und Preis das effizienteste auf dem Markt.“

Diese Steigerung startet allerdings von einem niedrigen Ausgangsniveau. Im Jahr 2023 waren die Lieferungen von Pipeline-Gas aus Russland nach Europa um 55,6 Prozent auf 28,3 Milliarden Kubikmeter gefallen. Laut Schätzungen von Reuters sollen diese im aktuellen Jahr etwa 32 Milliarden Kubikmeter erreichen, wobei wesentliche Mengen weiterhin über die Ukraine und die TurkStream-Pipeline fließen. Zudem hat sich der Anteil russischen LNGs an den europäischen Gasimporten erhöht.

Die Europäische Union beabsichtigt weiterhin, sich bis 2027 durch erhöhte Importe aus Norwegen, den USA und Katar von russischem Gas unabhängig zu machen. Trotzdem wurden noch keine Maßnahmen ergriffen, um den Bezug von russischem LNG zu stoppen. Diese Abhängigkeit sorgt für Diskussionen, da die kurzfristige Nachfrage nach russischem Gas den langfristigen politischen Zielen entgegensteht.

Österreich: Starke Abhängigkeit und Konflikt mit Gazprom

In Österreich wird das Dilemma besonders deutlich. Im September 2024 machten russische Gasimporte 86 Prozent der Netto-Gasimporte des Landes aus. Die österreichische Wirtschaft und die privaten Haushalte sind seit Jahrzehnten abhängig von russischem Pipeline-Gas. Die Situation verschärfte sich jedoch durch einen Lieferstopp Russlands im November 2024.

Auslöser war ein Streit zwischen dem österreichischen Energieversorger OMV und Gazprom: Ein Schiedsgericht sprach OMV 230 Millionen Euro zu, woraufhin OMV erklärte, das gelieferte Gas als bezahlt zu betrachten, bis dieser Betrag beglichen sei. Als Reaktion darauf stellte Gazprom die Gaslieferungen ein.

Durch alternative Maßnahmen konnte Österreich die Auswirkungen des Lieferstopps abmildern. Die Regierung betonte, dass die Gasversorgung dank gut gefüllter Speicher und alternativer Bezugsquellen aus Norwegen und Italien gesichert sei. Zudem wurde die Kapazität der Gasleitungen aus Italien im Oktober 2024 erhöht, was es ermöglicht, im Falle eines Engpasses größere Mengen aus Italien zu beziehen.

Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus dem auslaufenden Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine, der Ende 2024 endet. Die Ukraine hat bereits erklärt, diesen Vertrag nicht zu verlängern, was zu zusätzlichen Versorgungsengpässen führen könnte, von denen Österreich besonders betroffen wäre.

Die österreichische Regierung und die EU konzentrieren sich langfristig auf die Diversifizierung ihrer Gasquellen. Hier spielen Norwegen, die USA und Katar eine zunehmend wichtige Rolle. Trotz höherer Kosten und logistischer Herausforderungen gewinnt auch LNG an Bedeutung.

Die österreichische Regulierungsbehörde E-Control betont, dass die Versorgung auch ohne russische Lieferungen gesichert ist. Dennoch bleibt die Frage, ob Österreich und Europa den politischen Willen und die wirtschaftliche Flexibilität aufbringen können, sich tatsächlich von russischem Gas unabhängig zu machen.

Das Jahr 2024 zeigt, wie komplex und herausfordernd der Weg zu einer unabhängigen Gasversorgung in Europa und insbesondere in Österreich ist. Politik und Diplomatie spielen dabei eine entscheidende Rolle, nicht nur zur Wahrung nationaler Interessen, sondern auch zur Entwicklung tragfähiger Lösungen mit europäischen Partnern.

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