Im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 wird in Deutschland intensiv über die Einführung der Wehrpflicht debattiert. Während die Bundeswehr mit personellen Engpässen zu kämpfen hat, schlagen die Parteien unterschiedliche Lösungen vor. Die CDU befürwortet die Wiedereinführung der Wehrpflicht, die SPD spricht sich für einen “neuen, flexiblen Wehrdienst” aus und die Grünen setzen auf ein freiwilliges Wehrdienstmodell, das auch den Reservedienst attraktiver gestalten soll. Die FDP hat das Ziel, die Bundeswehr zur führenden konventionellen Streitmacht Europas zu machen. Die AfD unterstützt grundsätzlich die Wehrpflicht, diskutiert jedoch intern, ob diese in das Wahlprogramm aufgenommen werden sollte, insbesondere im Lichte des Konflikts in der Ukraine.
In anderen NATO-Mitgliedsstaaten, wie Norwegen, wird diese Debatte mit wenig Verständnis beobachtet, so berichtet der Münchner Merkur. Dort ist der Wehrdienst seit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht für Männer und Frauen im Jahr 2015 eine Selbstverständlichkeit. Infolge des Ukraine-Kriegs rüstet auch Norwegen auf, investiert in neue U-Boote und Fregatten und bestellt deutsche Leopard-Panzer.
Fredrik Borgmann, Verteidigungsattaché der norwegischen Botschaft in Berlin, äußerte sich gegenüber dem Münchner Merkur positiv über das norwegische Modell. “Ich bin überzeugt, dass Deutschland vom norwegischen Modell inspiriert sein und Erfahrungen daraus ziehen kann, um ein auf die deutsche Gesellschaft zugeschnittenes System zu entwickeln”, so Borgmann. Er betonte, dass die Wehrpflicht ein zentraler Faktor für die Rekrutierung sei und dazu beitrage, das Vertrauen in die Streitkräfte zu stärken.
Obwohl Deutschland und Norwegen sich derzeit in einer Phase der militärischen Neuausrichtung, der so genannten “Zeitenwende”, befinden, steht Deutschland einer Wiedereinführung der Wehrpflicht noch skeptisch gegenüber. Nachdem sie 2011 ausgesetzt wurde, brachte Verteidigungsminister Boris Pistorius die Debatte erneut auf. Ein neuer Gesetzentwurf sieht vor, dass ab dem nächsten Jahr alle 18-jährigen Männer einen digitalen Fragebogen erhalten sollen. Dieser enthält unter anderem die Frage nach der Bereitschaft, Soldat zu werden. Aus den Befürwortern soll dann eine Auswahl zur Musterung eingeladen werden. Zusätzlich zu den derzeit etwa 10.000 Freiwilligen pro Jahr könnten so anfangs 5.000 weitere junge Männer zum Wehrdienst hinzukommen.
Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung bleibt dabei gewahrt. In diesem Jahr haben davon bis zum 31. Oktober insgesamt 2.468 Antragsteller Gebrauch gemacht, was einen deutlichen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr darstellt.
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