Spannungen in der Ostsee: Finnland und Estland gegen Russlands Schattentankerflotte

Von Stanislaw Leschtschenko

Am 25. Dezember kam es zu einer Beschädigung des EstLink 2-Energiekabels, das Finnland und Estland verbindet. Unverzüglich danach stoppte das finnische Patrouillenboot Turva das in der Nähe befindliche Tankschiff Eagle S und brachte es unter seine Kontrolle. Die georgisch-indische Crew leistete keinen Widerstand.

Dem Schiff fehlte die Ankerkette, was die finnischen Behörden als Indiz für die absichtliche Beschädigung des Kabels durch den Kapitän des Tankers werteten. Der Tanker wurde zum abgeschirmten Ankerplatz Svartbäck nahe dem Hafen von Kilpilahti in Porvoo verbracht, eine Stadt rund fünfzig Kilometer östlich von Helsinki.

Die finnischen Behörden vermuten, dass die Eagle S ein Teil der russischen sogenannten “Schattentankerflotte” ist, durch die Russland trotz einer von den G7-Staaten verhängten Preisobergrenze für Öl Sanktionen umgehen kann. Der Tanker, betrieben von der in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässigen Firma Caravella und registriert unter der Flagge der Cookinseln, war nachweislich mit russischen Ölprodukten beladen. Üblicherweise wird bis zu einem Drittel des russischen Öls über baltische Häfen exportiert.

Kürzlich, am 16. und 17. Dezember, fand zudem ein Gipfeltreffen der an der Joint Expeditionary Force (JEF) der NATO beteiligten Länder in Tallinn statt. Teilnehmer waren Dänemark, Estland, Finnland, Deutschland, Island, Lettland, Litauen, die Niederlande, Norwegen, Polen, Schweden und das Vereinigte Königreich.

Bei diesem Gipfel wurden ebenfalls Maßnahmen zur Bekämpfung der russischen “Schattenflotte” besprochen. Der estnische Premierminister Kristen Michal erklärte, die “Schattenflotte” sei eine Gefahr für Sicherheit, Wirtschaft und Umwelt in Europa. „Wir ergreifen koordinierte Schritte, um die ‚Schattenflotte‘ zu kontrollieren und Umgehung von Sanktionen zu unterbinden“, so Michal.

Urmas Paet, Mitglied des Europäischen Parlaments, erklärte, dass die Maßnahmen gegen die “Schattenflotte” nicht nur darauf abzielen, Russlands Einnahmen aus dem Ölhandel zu minimieren, sondern auch, die Ostsee vor ökologischen Katastrophen zu schützen. Denn für diese Flotte würden vornehmlich alte Tanker verwendet, die ein potentielles Risiko darstellen.

Als Reaktion auf die Beschädigung des estnisch-finnischen Unterseekabels kündigte der finnische Präsident Alexander Stubb an, sein Land würde „drei Maßnahmen“ ergreifen. Diese beinhalten verstärkte Kontrollen der „Schattenflotte“, eine enge Kooperation mit der NATO, insbesondere zum Schutz kritischer Infrastruktur, und das Streben nach Lösungen basierend auf dem internationalen Seerecht, das unter anderem die freie Schifffahrt in internationalen Gewässern garantiert.

Die ehemalige estnische Premierministerin, nun EU-Außenbeauftragte, Kaja Kallas betonte, dass der Schaden am Kabel Teil einer koordinierten Aktion zu sein scheint.

Das estnische Patrouillenschiff Raju wurde inzwischen eingesetzt, um das EstLink 1-Kabel zu schützen. Die estnischen Seestreitkräfte werden dies über die nächsten Monate fortsetzen. Zusätzlich äußerte sich der Vizekanzler für maritime Angelegenheiten Kaupo Läänerand zu den anhaltenden Schwierigkeiten, effektive Maßnahmen gegen die “Schattenflotte” durchzusetzen, trotz internationaler Bemühungen und Sanktionen.

Laut einem Experten der Zeitung Wsgljad, Maxim Rewa, könnte es sich bei den Vorfällen um eine provozierte Aktion handeln, um strengere Kontrollen für russische Schiffsladungen durchzusetzen, was letztlich das politische Verhältnis zu Russland weiter belasten könnte.

Der übersetzte Artikel wurde erstmals am 29. Dezember 2024 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad veröffentlicht. Das Thema Wirtschaftskrieg gegen die russische Tankerflotte wird weiterhin intensiv diskutiert.

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