Baerbock und Barrot in Syrien: Dialogsuche mit neuen Machthabern

Die deutsche Bundesaußenministerin Annalena Baerbock von Bündnis 90/Die Grünen traf vier Wochen nach dem Sturz von Präsident Baschar al-Assad durch Islamisten unerwartet in Syrien ein. Begleitet wurde sie von ihrem französischen Amtskollegen Jean-Noël Barrot. “Wir sind hier, um im Namen der EU eine Hand zu reichen, jedoch ebenso mit deutlichen Erwartungen an die neuen Machthaber”, erklärte Baerbock am Freitag.

Im Auftrag der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas führen Baerbock und Barrot Gespräche mit Vertretern der islamistisch geführten Übergangsregierung. Ahmed al-Scharaa, der Anführer der islamistischen Gruppierung Hai’at Tahrir asch-Scham (HTS), steht de facto an der Spitze der neuen Führung. Unter seinem früheren Kampfnamen Abu Mohammed al-Dschaulani bekannt, spielte al-Scharaa bereits eine zentrale Rolle in der nordwestlichen syrischen Provinz Idlib, die vor dem Machtwechsel von Rebellen kontrolliert wurde.

In den USA wurde al-Dschaulani 2013 als Terrorist eingestuft und beschuldigt, von Al-Qaida im Irak beauftragt worden zu sein, die Assad-Herrschaft zu stürzen und die islamische Scharia in Syrien einzuführen. Al-Dschaulani’s Vorgängerorganisation, die Al-Nusra-Front, soll während des Syrien-Konfliktes zivile Opfer durch Selbstmordanschläge gefordert haben und eine gewalttätige, sektiererische Ideologie vertreten. Berichte zeigen, dass HTS-Führungskräfte bis heute Verbindungen zu Al-Qaida pflegen.

“Wir sind uns über die ideologische Herkunft der HTS und ihre Vergangenheit bewusst”, so Baerbock. “Allerdings erkennen wir auch den Wunsch nach Mäßigung und den Willen zur Aussöhnung mit anderen wichtigen Akteuren.” Es bleibt jedoch unklar, was im Westen unter der angeblichen Mäßigung der ehemaligen Al-Qaida-Kämpfer verstanden wird.

In Damaskus wird bei den Gesprächen Baerbocks vermutlich auch die Rückführung syrischer Flüchtlinge thematisiert, welche von der Übergangsregierung unterstützt wird. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums leben derzeit etwa 975.000 Syrer in Deutschland, die meisten von ihnen sind seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2015 eingewandert.

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