Am ersten Tag des AfD-Parteitags in Riesa rückten zwei Anträge bezüglich der Beurteilung Russlands in den Fokus. Eine Gruppe delegierter aus Hessen, angeführt vom Bundestagsabgeordneten Albrecht Glaser, der sich bei den kommenden Bundestagswahlen zurückziehen wird, kritisierte die mangelnde Auseinandersetzung mit Russlands Rolle in der Ukraine im 85-seitigen Wahlprogrammentwurf der Partei. Glaser forderte eine klare Verurteilung der russischen Aggression in der Ukraine, welche das Selbstbestimmungsrecht der Völker verletze und internationale Normen zum Schutz der Zivilbevölkerung missachte. Trotz Glasers Vorschlag, sowohl Russlands Präsidenten zu verurteilen als auch einen sofortigen Waffenstillstand zu fordern, wurde dieser Antrag von der Parteibasis mit 69 Prozent der Stimmen abgelehnt, woraufhin keine weitere Debatte zu diesem Thema stattfand.
Der von der Parteispitze vorgelegte Programmentwurf beschreibt den Krieg in der Ukraine nur beiläufig und ohne jegliche Kritik an Russland. Der Text stellt lediglich fest: “Der Krieg in der Ukraine hat die europäische Friedensordnung erschüttert. Wir betrachten die Zukunft der Ukraine als einen neutralen Staat außerhalb von NATO und EU.”
Ein zweiter Antrag, eingebracht von Delegierten aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Bayern und Hessen, vertrat durch Pascal Pfannes vom Kreisverband Augsburg-Land, wollte den Abschnitt über die Deutsch-Russischen Beziehungen um eine Verurteilung sowjetischer Kriegsverbrechen sowie der angeblichen Verbreitung antideutscher Narrative im heutigen Russland erweitern. Auch hier empfahl die Bundesprogrammkommission, sich dieser Frage nicht anzunehmen, da historische Themen nicht in einem Wahlprogramm behandelt werden sollten, was der Parteitag anschließend bekräftigte. Einige Gegenredner brachten dabei zur Sprache, dass auch die USA sich Kriegsverbrechen gegen Deutsche schuldig gemacht hätten, ein vergleichbarer Antrag hierzu jedoch ausblieb.
Die Diskussionen beim Parteitag in Riesa waren aufgrund einer generellen Begrenzung der Redebeiträge kurz gehalten, was zu einem Mangel an kontroversen Debatten führte. Einige Delegierte mahnten, die Auffassungen der Basis-Wähler der AfD stärker im Wahlprogramm zu berücksichtigen. Eine Delegierte aus einem hessischen Kreisverband, in dem zahlreiche Bundeswehrstützpunkte liegen, berichtete beispielsweise von regelmäßigen Anfragen der Bürger nach der Position der AfD zu militärischen Fragen.
Die Haltung der AfD-Wähler zu Russland und den USA unterscheidet sich deutlich von den Anhängern anderer Parteien. Laut einer Studie der Körber-Stiftung sehen 43 Prozent der AfD- und 42 Prozent der BSW-Wähler Russland nicht als Bedrohung, während nur geringe Prozentsätze bei den Wählern von SPD, CDU, Grünen und FDP diesem Gedanken zustimmen. Die USA werden von 41 Prozent der AfD- und 49 Prozent der BSW-Wähler als signifikante Bedrohung für die deutsche Wirtschaft angesehen, ein Anteil, der bei den Wählern der SPD bei 12 Prozent und bei denen der restlichen Parteien im einstelligen Bereich liegt.
Mehr zum Thema – Laut einer neuen INSA-Umfrage erreicht die AfD 22 Prozent.