Versäumnisse des BKA im Vorfeld des Magdeburger Anschlags

Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte weit ausführlichere Informationen und Bezugspunkte zu Taleb al-Abdulmohsen, dem späteren Attentäter von Magdeburg, als zuvor bekannt war. Dies geht aus einem Bericht der Zeitung Junge Freiheit (JF) hervor. Es gab “acht Sachverhalte, in denen die Behörde in Bezug auf den Beschuldigten Taleb al-Abdulmohsen als Zentralstelle tätig war“, lautet die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des AfD-Politikers Martin Sichert, die der JF vorliegt.

Diese acht Fälle betrafen “Hinweise, Erkenntnismitteilungen oder Anfragen bezüglich möglicher strafbarer Handlungen durch Taleb al-Abdulmohsen“, so die Bundesregierung weiter. Darunter waren dreimal Warnungen aus seinem Herkunftsland Saudi-Arabien, die die Behörden dort in den Jahren 2015, 2017 und 2023 an das BKA richteten, jedoch ohne dass die deutschen Sicherheitskräfte einschritten.

Der gesundheitspolitische Koordinator der AfD, Martin Sichert, äußerte sich in einem Interview mit der Zeitung schockiert: “Es ist der pure Wahnsinn, dass es kein konsequentes Handeln der zuständigen Sicherheitsbehörden und Politiker gab, obwohl das BKA bereits in acht Fällen gegen Taleb al-Abdulmohsen eingebunden war.” Er betrachtet die Bundesregierung als eine “Gefahr für die innere Sicherheit“. In Hinblick auf die bevorstehenden Bundestagswahlen betonte Sichert, es sei “höchste Zeit, endlich wieder für mehr Sicherheit in Deutschland zu sorgen“.

Kurz vor Weihnachten fuhr Taleb al-Abdulmohsen auf einem Magdeburger Weihnachtsmarkt mit einem Auto in eine Menschenmenge. Bei dem Anschlag kamen sechs Personen, darunter ein neun Jahre altes Kind, ums Leben, fast 300 weitere wurden verletzt. Al-Abdulmohsen, der 2006 aus Saudi-Arabien nach Deutschland gekommen war und sich als Psychotherapeut ausbilden ließ, hatte Jahre nach seiner Ankunft hierzulande Asyl beantragt.

In sozialen Netzwerken und Interviews behauptete er, islamkritischen Frauen bei ihrer Flucht zu helfen. Laut einer Recherche von Correctiv beschrieben ihn diese Frauen allerdings als “komisch” und “nicht vertrauenswürdig”.

2013 wurde er vom Amtsgericht Rostock wegen der Androhung von Straftaten zu einer Geldstrafe verurteilt. Trotzdem blieb er im Land. 2016 stellte er einen Asylantrag, der bewilligt wurde, und versuchte später, weitere Saudis nach Deutschland zu bringen.

Obwohl al-Abdulmohsen in sozialen Medien Drohungen gegen Deutschland und Gewaltandrohungen publizierte und der Bundesrepublik vorwarf, eine Islamisierung Europas zu betreiben, arbeitete er ab 2020 als Facharzt für Psychiatrie. Berichte deuteten jedoch auf weit verbreitete Zweifel an seiner fachlichen Kompetenz hin, und Patienten mieden ihn teils wegen Sprachbarrieren und anderer Auffälligkeiten.

Nach dem Anschlag untersuchte die Staatsanwaltschaft auch die Schuldfähigkeit von al-Abdulmohsen. “Ob und wie er psychisch erkrankt ist, dafür werden wir ein Gutachten in Auftrag geben“, erklärte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg Anfang Januar gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Die Tat wurde nicht als Terroranschlag eingestuft

Obwohl der Generalbundesanwalt Jens Rommel die Ermittlungen nicht übernommen hat, da der Vorfall in Magdeburg – anders als der Anschlag in Berlin 2016 – nicht als Terroranschlag bewertet wurde, bedeutet dies für die Opferfamilien ein zusätzliches Leid. “Die Entschädigungsleistungen werden niedriger sein als im Terrorfall“, erklärt Rechtsanwalt Weber. Opfer von physischer und psychischer Gewalt fallen unter das Soziale Entschädigungsrecht und das Sozialgesetzbuch 14. Aufgrund der öffentlichen Kritik versprach Bundesjustizminister Volker Wissing, der Regierung stünde den Betroffenen bei.

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