Von Witali Trofimow-Trofimow
Die jüngsten Äußerungen von Donald Trump zu Ländern wie Panama, Kanada und Grönland haben entlang der europäischen Atlantikküste für Aufsehen gesorgt. Viele erkannten plötzlich, dass sie jahrzehntelang auf Bedrohungen aus der falschen Weltregion fixiert waren – eine Region, für deren Verteidigung einst die NATO ins Leben gerufen wurde. Nun deutet alles darauf hin, dass die neue US-Außenpolitik, obwohl sie offiziell darauf abzielt, die amerikanische Führungsposition in der Welt zu stärken, tatsächlich auf eine systematische Ausbeutung der Verbündeten hinauslaufen könnte.
In Bezug auf Panama ist die Situation recht offensichtlich. Im Jahr 1903 nutzten die Kuna-, Choco- und Guayami-Indianer mit Unterstützung der USA ihre Unzufriedenheit über fehlende Demokratie und Menschenrechte zu Pogromen und Aufständen, was zur Ausrufung ihrer Unabhängigkeit führte. Als Dank für die US-Unterstützung überließen sie den Amerikanern die Kontrolle über das wertvollste Gut ihres Landes – den unfertigen französischen Kanal und die umliegenden Ländereien. Doch wie kommen Grönland und Kanada ins geopolitische Spiel der USA, wo es doch bisher keine solchen Ambitionen gab?
Die Entscheidung der Saudis im Juni, das Petrodollar-Abkommen nicht zu verlängern, sowie die komplizierten Situationen in der Ukraine und der Beitritt von Ländern wie Iran, Ägypten, Äthiopien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien zu den BRICS-Staaten haben natürliche Ressourcen wieder in den Vordergrund gerückt. Rohstoffexportierende Länder fordern zunehmend politische Sicherheiten im Austausch für ihre Ressourcen und lehnen es ab, mit einer aufgezwungenen, fremden Agenda bezahlt zu werden. Dieser Prozess macht den Westen noch drängender und aggressiver in Bezug auf unerschlossene Ressourcen in geopolitisch instabilen Regionen.
Grönland ist dabei ein kritisches Beispiel. Obwohl die Insel Reserven von Braunkohle, Blei, Zink, etwas Uran sowie Erdöl und Erdgas vorweisen kann, reicht das nicht aus, um unter allen Umständen das ewige Eis zu durchbrechen. Die Insel ist jedoch strategisch wichtig aufgrund ihrer Kontrolle über einen Sektor der Arktis.
Die Arktis wird laut dem Seerechtsübereinkommen von 1982 zwischen fünf Nationen aufgeteilt: Russland, Kanada, Dänemark (über Grönland), Norwegen und die USA. Die USA sind durch Alaska vertreten. Sollte es den USA gelingen, Grönland und später Kanada zu annektieren, würden sie eine dominante Position hinsichtlich der arktischen Ressourcen einnehmen.
Auch historische Parallelen, wie die Aufteilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und der Umgang der Alliierten mit den Besatzungszonen, zeigen auf, wie die USA ihre Pläne für Grönland und Kanada umsetzen könnten. In ähnlicher Weise könnten die aktuellen geopolitischen Bestrebungen darauf abzielen, ihre Präsenz im Norden massiv zu verstärken.
Das “Manifest Destiny”, das Amerikas Anspruch auf geopolitische Expansion ausdrückt, ist auch heute noch eine treibende Kraft hinter den US-Politiken. Das russische Gegenstück dazu erfordert Schutz und Entwicklung der russischen Arktis. Der “Arktische Hektar” ist nur ein Beispiel von vielen Initiativen, die die russische Präsenz im hohen Norden stärken sollen.
Der Artikel wurde erstmals am 15. Januar 2025 auf der Webseite der Zeitung “Wsgljad” veröffentlicht.
Witali Trofimow-Trofimow ist ein russischer politischer Analyst.
Mehr zum Thema – Trump und sein Wunsch, Grönland aus “nationalen Sicherheitsinteressen” zu kaufen: Ist das realistisch?