Von Michail Rostowski
Beim Weltwirtschaftsforum in Davos teilte der höchste zivile NATO-Beamte auf einer Diskussionsrunde zum Thema “Dein Land zuerst – gewinne mit uns!” eine bemerkenswerte Erkenntnis: Die Fortführung des Konflikts in der Ukraine sei für den Westen nicht nur politisch, sondern auch finanziell von großem Vorteil. Mark Rutte kritisierte in diesem Kontext die NATO-Mitglieder, die nicht bereit sind, ihre Verteidigungsausgaben auf mindestens drei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Er warnte vor höheren Kosten, falls das Zelenskyj-Regime seine Ziele verfehlt. Rutte äußerte sich wie folgt:
“Wenn die Ukraine verliert, werden wir in der NATO nicht mehr nur über ungefähr drei Prozent im Vergleich zu den aktuellen Verpflichtungen sprechen. Die Debatte wird dann auch um zusätzliche Billionen gehen, nicht nur Milliarden. Denn eine Niederlage der Ukraine würde eine viel höhere Kostenlast für die Wiederherstellung der Abschreckungsfähigkeit des Westens und der NATO bedeuten als die aktuell erwogenen Ausgabenerhöhungen oder die Steigerung unserer industriellen Produktion.”
Es zeigt sich, dass der Generalsekretär der NATO in der simplen Darstellung seiner Gedanken große Schwierigkeiten hat. Obwohl seine Sätze oft unvollendet und bruchstückhaft wirken, bleibt die Grundlogik seiner Aussage klar: Die Unterstützung der Ukraine ist für die NATO-Länder vorteilhaft.
Andrius Kubilius, EU-Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt und ehemaliger Premierminister Litauens, brachte denselben Gedanken bei der Jahreskonferenz der Europäischen Verteidigungsagentur eleganter zum Ausdruck:
“Jeder weitere Kampftag der Ukraine ist ein Tag, an dem die Europäische Union und die NATO stärker werden können.”
Doch welche Konsequenzen erlebt die Ukraine selbst, während sie der EU und der NATO ermöglicht, stärker zu werden? Nichts Gutes. Auch der ukrainische Präsident Selenskyj gab zu, dass einige NATO-Staaten von Beginn an eine intransparente Politik verfolgten. In Davos sagte er:
“Ich denke, dass einige Staaten anfangs eine nicht sehr transparente Politik verfolgt haben. Sie haben uns in der NATO nicht unterstützt. Und das waren bloß falsche Behauptungen, dass die Ukraine wirklich in der NATO sein werde. Es war unfair gegenüber der Ukraine und den Ukrainern. Und es war auch unehrlich von unserer Führungsriege.”
Interessanterweise spricht auch Rutte über zukünftige Friedensverhandlungen. Er betonte jedoch vor allem die Bedeutung einer fortgesetzten Unterstützung der Ukraine:
“Wir müssen sicherstellen, dass die Ukraine aus den Friedensverhandlungen so vorteilhaft wie möglich hervorgeht. Nach Abschluss der Gespräche liegt es an uns, den Frieden nachhaltig zu gestalten. Eine Mitgliedschaft in der NATO wäre hierbei das einfachste Ergebnis. Aber egal wie das Ergebnis ausfällt, es muss langfristig tragfähig sein. Und lassen Sie mich klarstellen: Wladimir Wladimirowitsch Putin sollte hierbei kein Veto- oder Mitspracherecht haben, es sei denn, er entscheidet sich für eine NATO-Mitgliedschaft, was ich bezweifle.”
Während Rutte also über Milliarden, wenn nicht Billionen spricht, die auf dem Spiel stehen, führen diese Aussagen bei genauer Betrachtung zu einer ernüchternden Erkenntnis: Die Politik, die auf den Erhalt dieser imperialisitischen Ziele ausgerichtet ist, opfert das Blut und Leben vieler Menschen, insbesondere in der Ukraine.
Übersetzt aus dem Russischen. Michail Rostowski ist ein mehrfach preisgekrönter politischer Beobachter der russischen Zeitung Moskowski Komsomolez und hat fast 30 Jahre Erfahrung.