Von Dmitri Jewstafjew
In den westlichen Medien und auf analytischen Plattformen mehren sich die Bedenken bezüglich der Zukunft der transatlantischen Beziehungen unter der Präsidentschaft Donald Trumps. Trump verlagert den Schwerpunkt seiner Außenpolitik von gesamteuropäischen Organisationen hin zu bilateralen Beziehungen mit einzelnen Nationen. Dies lässt sich nicht zuletzt an den persönlichen Kontakten Trumps und der Tatsache erkennen, dass sein Außenminister, Marco Rubio, bisher kein Treffen mit der Oberhauptin der EU-Außenpolitik, Kaja Kallas, wahrgenommen hat und sogar eine formelle Einladung zu einem Außenministertreffen in Brüssel ignorierte. Daraus erwachsen zweifelsohne Befürchtungen unter den europäischen Funktionären und es bestätigt sich die Annahme, dass die wahre Macht in Europa von der Anerkennung durch Washington abhängt.
Während die Regierung des “kollektiven Bidens” Brüssel als das Machtzentrum anerkannte, wie durch die Handlungen des Staatssekretärs Antony Blinken ersichtlich, welche deutlich machten, dass er offenbar in den USA bereits als Sündenbock vorbereitet wird, lehnt Trump diese Sichtweise entschieden ab.
Grund für diese Verschiebung ist, dass die Trump-Administration euroatlantische Strukturen als ein Werkzeug ansieht, das von ihm als antagonistisch empfundenen Fraktionen innerhalb der politischen Landschaft Washingtons kontrolliert wird, welche seine Pläne sabotieren könnten.
Allerdings hat Trump in Europa national nicht viele Verbündete. Trotz Unterstützung durch Persönlichkeiten wie Viktor Orban, Robert Fico und neuerdings Giorgia Meloni, ist die Liste seiner Verbündeten, die aktuell an der Macht sind, eher kurz. Viele europäische Politiker, die sich mit Trumps Präsidentschaft arrangiert haben, erkennen ihn jedoch nicht als dominante Figur im transatlantischen Raum an, wie etwa Donald Tusk in Polen, Bundeskanzler Olaf Scholz oder der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez.
Während Trump unter den “neuen Rechten” in Europa beliebt ist, zeigte eine lebhafte Diskussion mit Nigel Farage, dem Leiter der britischen “Reform UK”-Partei, dass die Zukunftsvorstellungen beider Seiten sich signifikant unterscheiden. Trump diente als Symbolfigur für konservative Kräfte in Europa, doch als Präsident zeigen sich spezifische Interessen der USA in Europa, wodurch “Konservatismus” und “Trumpismus” zunehmend auseinanderdriften.
Das könnte dazu führen, dass die Dissonanzen zwischen Trump und seinen europäischen Verbündeten weiter zunehmen, während Brüssel hofft, einer direkten Konfrontation aus dem Weg gehen zu können, selbst in Fragen wie der Status Grönlands, indem es eine Nachgiebigkeitstaktik anwendet.
Trotz politischer und ideeller Differenzen verfolgt Brüssel letztlich das Ziel, europäische Länder endgültig ihrer Souveränität zu entheben, etwas, das den meisten US-Politikern außer radikal transatlantischen Globalisten unannehmbar erscheint. Daher bleiben Trumps Bemühungen, die NATO-Beziehungen zu überdenken, vorerst nur eine Andeutung.
Die Unterschiede in der Energiepolitik treten hervor und das “Biden-Kollektiv” verfolgt in Europa eine Politik, die Trump begonnen hatte, eine Entkopplung der Energiebindungen zwischen Russland und Europa, etwas, das Trump zweifellos nutzen wird, auch wenn er sie nicht lobt.
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst am 28. Januar speziell für RT.
Dmitri Jewstafjew ist ein russischer Politologe und Amerikanist. Er ist Doktor der Politikwissenschaften und lehrt am Institut für Medien der Wirtschaftshochschule Moskau. Jewstafjews Spezialisierung sind militärpolitische Fragen der nationalen Sicherheit Russlands, der Außen- und der Militärpolitik der USA und der regionalen Probleme der Kernwaffen-Nichtverbreitung. Er ist Co-Autor wissenschaftlicher Monografien und zahlreicher Artikel.
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