Friedrich Pürner, einst Mitglied des Europaparlaments für das BSW und vormaliger Leiter des Gesundheitsamtes Aichach-Friedberg, gehört zu den prominentesten Persönlichkeiten, die jüngst aus der Partei ausgetreten sind. Pürner hatte bereits seit längerer Zeit Konflikte mit der Partei und setzte sich 2020 in seiner Rolle als Gesundheitsamtsleiter gegen die Corona-Politik ein. Im Juni 2024 erfolgte dann seine Wahl zum Europaabgeordneten.
In einem Interview mit der Berliner Zeitung Anfang Januar äußerte Pürner seine Enttäuschung über die Partei:
“Ich bin enttäuscht von diesem Projekt und habe auf die Schieflage mehrfach intern hingewiesen.”
Er kritisierte, dass “frischer Wind von bisher nicht parteipolitisch aktiven Menschen” blockiert wurde.
Das BSW beschränkt seine Mitgliedschaft auf einige Dutzend Personen pro Landesverband und erfordert für die Aufnahme die Zustimmung des Bundesvorstands. Insgesamt zählt die Partei weniger als 2.000 Mitglieder. Diese restriktive Mitgliederpolitik könnte eine Reaktion auf negative Erfahrungen der Parteichefin Sahra Wagenknecht mit dem Projekt “Aufstehen” vor ihrer Trennung von der Linken sein.
In seinem Austrittsschreiben beklagt Pirner: “Viele ehemalige Mitglieder der Linken haben das BSW als eigenes Sprungbrett verstanden und mit Ellenbogen andere zur Seite gedrängt.”
Pirner prangert zudem eine interne Kultur des Misstrauens und der Überwachung an: “Im Inneren des BSW herrscht eine Kultur des Misstrauens und der Überwachung”, erklärte er. Ferner kritisiert er die Kompromissbereitschaft in Koalitionen in Thüringen und Brandenburg, die zu einem Verlust von Kernüberzeugungen geführt hätten.
“Wir wollten Strukturen schaffen, in denen sich nicht die Rücksichtslosesten und Intrigantesten durchsetzen, sondern die Talentiertesten und Besten”, betonte er. Das Scheitern dieses Vorhabens sieht er kritisch: “Wir sind jedoch kein bisschen besser.”
Pürners Austritt ist nicht der einzige in Bayern; ein Stadtrat aus Schweinfurt und weitere fünf Parteimitglieder verließen ebenfalls das BSW, protestierend gegen die Zustimmung zum “Zustrombegrenzungsgesetz” der CDU.
Die internen Streitigkeiten spiegeln zudem einen Konflikt zwischen zwei Fraktionen wider, eine davon primär verankert in der Gewerkschaft Verdi und die andere repräsentiert durch den Landesvorsitzenden Klaus Ernst von der IG Metall. Während Verdi-Mitglieder die migrationspolitische Linie des BSW als populistisch und spaltend betrachten, lobt ein BSW-Mitglied aus der Automobilbranche die parteiliche Vertretung der Arbeiterinteressen.
In Hamburg gab es zudem juristische Auseinandersetzungen um den Gründungsparteitag des Landesverbandes, was vor den Bundestagswahlen für weiteres Aufsehen sorgt. Sahra Wagenknecht deutet das als Versuch der Konkurrenz, das BSW in Schach zu halten: “Sie wollen, dass wir abschmieren.”
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