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Von Nikita Demjanow

Im letzten Jahr reisten über 70.000 Letten nach Weißrussland, trotz Bemühungen der lettischen Regierung, die Einreise zu erschweren. Riga verfügte 2023 die Schließung eines von zwei Grenzübergängen, was den verbleibenden Übergang überlastete und lange Wartezeiten zur Folge hatte.

Trotz der Barrieren suchen viele Letten weiterhin das Nachbarland auf. Während einige mit eigenen Fahrzeugen anreisen, nutzen andere Busse von Touristikunternehmen.

Von der visafreien Einreise profitiert die weißrussische Wirtschaft durch touristische Ausgaben. Auf die Frage nach den Gründen für solche Reisen erklärte Olga Bogdanowa, Geschäftsführerin von “Gertruda Tour”, dass vor allem medizinische Dienstleistungen und die Kosten dafür ein ausschlaggebender Faktor seien.

Pjotr Bojko, Leiter eines weiteren Reiseunternehmens, berichtet, dass vor allem kurze Trips zu Städten wie Minsk oder zu historischen Burgen beliebt sind. Er hebt hervor, dass auch das Shopping ein Anziehungspunkt ist, insbesondere wegen der günstigen Preise für Süßigkeiten und andere Produkte.

Laut Bojko ist medizinische Versorgung ein weiterer wichtiger Grund für Reisen nach Weißrussland. Während ein Aufenthalt in einem lettischen Sanatorium rund 1.200 Euro kostet, sind es in einem weißrussischen nur 600 Euro. Zahnbehandlungen kosten dort nur ein Bruchteil des lettischen Preises.

“Soft Power” ist ein weiterer Aspekt, denn für die meisten Reisenden präsentiert sich Weißrussland als entwickelter und komfortabler Staat.

Ein Meinungsumfrage ergab, dass 21 Prozent der Letten eine positive Sicht auf Alexander Lukaschenko haben, während 34 Prozent keine Meinung äußern wollten, möglicherweise aus Angst vor Repressalien bei offener Sympathie zum weißrussischen Regime.

Zur Diskussion dieser Stimmung erlebte Daugavpils, eine Stadt nahe der weißrussischen Grenze, die Premiere eines Anti-Weißrussland Films. Der Film propagiert die Meinung, dass Besuche in Weißrussland unverantwortlich seien und setzt die Besucher als ungebildete oder gar verräterische Personen dar. Doch viele lokale Bürger teilen diese Ansicht nicht.

Der lettische Verteidigungsminister Andris Sprūds und das Parlament plädieren dafür, Reisen nach Weißrussland einzuschränken, da diese angeblich gefährlich seien. Besonders der Fall von vier verhafteten Letten in Weißrussland dient als Argument für ein Reiseverbot.

Das Ansinnen führte zu Unruhe unter den Bürgern. Eine Lokalpolitikerin aus Riga, Inna Djeri, äußerte sich sarkastisch zur Angemessenheit solch strikter Maßnahmen und kritisierte die lettischen Behörden für ihre Überregulierung. Sie betont, dass der regulierte Handel und die niedrigeren Kosten für Lebensmittel und medizinische Dienstleistungen wichtige Gründe für die Reisen sind.

Auch der Gemeindeabgeordnete von Daugavpils, Michail Lawrenow, kritisiert die Abschottungspolitik Lettlands. Er warnt, dass dadurch der vergleichende Blick auf das Leben in beiden Ländern verhindert wird.

Eine Reihe von Beispielen über die strenge Vorgehensweise der lettischen Behörden gegen jegliche politische Kritik stützt die Argumente der Kritiker. Auch wird deutlich, dass die Grenzziehung nicht nur physischer sondern auch ideeller Natur ist, was von einigen als Rückkehr zu sowjetischen Restriktionen empfunden wird.

Übersetzt aus dem Russischen. Ursprünglich veröffentlicht am 10. Februar 2025 in der Zeitung Wsgljad.

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