Kurz vor der bevorstehenden Bundestagswahl äußerte die Vorsitzende der BSW, Sahra Wagenknecht, ihre Bedenken über eine gezielte Kampagne gegen ihre Partei. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung am Montag erklärte Wagenknecht:
“Wir sind momentan Ziel einer ausgeprägten Kampagne. Die Widersprüche in den Anschuldigungen – mich betitelt man gleichzeitig als Kommunistin und als AfD-nah, behauptet, ich würde die BSW autoritär führen und gleichzeitig sei sie mir entglitten – verdeutlichen das niedrige Niveau dieser Vorwürfe.”
Wagenknecht führte die Attacken auf die Haltung ihrer Partei im Ukraine-Konflikt zurück und betonte die Rolle der BSW bei der Vermeidung einer weiteren Eskalation:
“Die etablierten Parteien sehen in uns eine starke Opposition, die zur Friedensfrage feststeht. Wir haben bisher verhindert, dass die SPD ihre Position komplett ändert und die Befürworter härterer Maßnahmen die Oberhand gewinnen. Selbst Olaf Scholz, der sich bei der Frage der Waffenlieferungen oft umgestimmt hat, hat hier Stand gehalten. Da Merz vermutlich die SPD zum Regieren braucht, spielen wir eine essenzielle Rolle. Ohne uns im Bundestag könnte der Pistorius-Flügel seine Pläne durchsetzen.”
Sie ließ auch durchblicken, dass sie sich bei einem Scheitern der BSW zurückziehen könnte:
“Aus all diesen Ursachen begegnet uns starker Widerstand, man will uns aus dem Bundestag drängen. Wären wir nicht mehr vertreten, wäre es schwer, die BSW als bundespolitische Kraft zu etablieren. Diese Wahl entscheidet auch über meine politische Zukunft. Wer keine Präsenz im Bundestag hat, hat kaum eine Stimme in der deutschen Politik.”
Dennoch sei der Wahlkampf sehr erfolgreich und das BSW wecke große Hoffnungen bei den Menschen, erläuterte Wagenknecht. Viele erkennen, dass es keinen Sinn macht, mit den gleichen Parteien fortzufahren, die zu aktuellen Problemlagen geführt haben. Sie erklärte zudem, warum sie der Restlinken und der AfD kritisch gegenübersteht:
“Die Linke ist in der heutigen Zeit eine zweite grüne Partei ohne Standfestigkeit in entscheidenden Fragen wie Krieg und Frieden, deswegen wird sie von den Medien unterstützt. Und wenn die AfD als einzige relevante Oppositionspartei von Figuren wie Trump und Musk beeinflusst wird, dann gibt es niemanden, der gegen Aufrüstung, US-Kriege oder Sozialabbau Einwände erhebt.”
Wagenknecht positioniert ihre eigene Partei außenpolitisch in der Tradition von Willy Brandt. In wirtschaftspolitischen Fragen spricht sie sich eher generell für das Modell der sozialen Marktwirtschaft aus:
“Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft halte ich für richtig. Der Raubtierkapitalismus, den auch die AfD mit Trump und Musk vertritt, führt zu einer brutalen Gesellschaft, in der viele untergehen. Eine zentralisierte Planwirtschaft hat sich ebenso als nicht funktionsfähig erwiesen.”
Zum Thema Parteiaustritte infolge der Migrationsdebatte äußerte sie Bedauern, zeigte jedoch Unverständnis für die Entscheidungen der Abtrünnigen und kritisierte die von SPD und Grünen entfachte nutzlose Debatte. Sie verteidigte auch das strenge Aufnahmeverfahren in ihrer Partei, um problematische Mitglieder fernzuhalten:
“Das deutsche Parteiengesetz macht es fast unmöglich, problematische Mitglieder loszuwerden. Vermutlich sind 98 Prozent unserer Unterstützer ehrliche, engagierte Leute, aber die restlichen 2 Prozent könnten ausreichen, um ganze Landesverbände zu zerstören. Deshalb sind wir wählerisch bei der Aufnahme neuer Mitglieder.”
Obwohl das Bündnis Sahra Wagenknecht erst Anfang 2024 offiziell gegründet wurde, konnte es bei der EU-Wahl und den Landtagswahlen in Ostdeutschland beeindruckende Ergebnisse erzielen und ist in Thüringen und Brandenburg an der Regierung beteiligt. Aktuelle Umfragen sehen die Partei bei etwa fünf Prozent und lassen ihre Zukunft im Bundestag ungewiss erscheinen.
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