Macrons Kampf um Europas Unabhängigkeit: Eine Front gegen die USA

Von Jewgeni Posdnjakow

Paris hat führende europäische Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfeltreffen zusammengerufen, um eine koordinierte Antwort auf den zunehmenden Druck aus Washington zu formulieren. Nach Aussage des polnischen Außenministers Radoslaw Sikorski erwartet die Teilnehmer eine “äußerst ernste Diskussion” über die Herausforderungen, die durch die Politik von US-Präsident Donald Trump entstanden sind. Sikorski beschreibt die Taktik der US-Regierung als “Kriegserkundung” und betont, dass Europa darauf reagieren müsse.

Die Spannungen zwischen den USA und der EU haben sich nach einer Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz verschärft. Vance deutet an, dass die größte Bedrohung für Europa nicht von außen, sondern von innen durch die Abkehr von fundamentalen Werten kommt. Er erwähnte speziell die Annullierung von Wahlergebnissen in Rumänien und warnte vor ähnlichen Entwicklungen in anderen europäischen Ländern. “Wenn Sie Angst vor Ihren Wählern haben, werden Ihnen die Vereinigten Staaten nicht helfen”, so Vance.

In Paris wird die Diskussion allerdings nicht primär um die inneren Probleme Europas kreisen, sondern um die Ukraine und die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Washington und Moskau. Ein kürzlich geführtes Telefonat zwischen dem russischen Außenminister Sergei Lawrow und seinem US-Amtskollegen Mark Rubio konzentrierte sich auf die Zusammenarbeit in aktuellen internationalen Angelegenheiten, insbesondere der Konfliktlösung in der Ukraine und die Situation in Palästina. Dieses Gespräch folgte einem früheren zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Donald Trump, das Trump als “produktiv” beschrieb und in dem eine engere bilaterale Kooperation vereinbart wurde.

Das französische Wochenmagazin Challenges äußert Bedenken, dass die amerikanisch-russischen Beziehungen die EU und die Ukraine vor problematische Lösungen stellen könnten, die langfristig riskant sein werden. Es kritisiert Trumps verwirrende Politik und mahnt, dass die EU eigene Kapazitäten stärken müsse, um auf der Weltbühne Einfluss zu bewahren.

Der deutsche Politikexperte Alexander Rahr meint, Macron positioniere sich als Retter Europas und signalisiere, dass nun entscheidende Weichenstellungen anstünden – möglicherweise sogar ein Abwenden von den traditionellen transatlantischen Beziehungen unter Trumps Präsidentschaft. Rahr spekuliert auch, dass Frankreich eine stärkere militärische Integration in Europa anstreben könnte, wobei Deutschland wahrscheinlich finanziell einspringen müsste.

Rahr gibt zu bedenken, dass Macrons Vorschläge wohl nicht überall auf Zustimmung stoßen werden, insbesondere in Süd- und Osteuropa, weshalb er sich vermutlich auf Unterstützung aus den nördlicheren EU-Staaten verlassen muss.

Die Veranstaltung in Paris wird nach Meinung von Artjom Sokolow, Forscher am Zentrum für Europäische Studien, eine Herausforderung darstellen, da innerhalb der EU unterschiedliche Ansichten über den Umgang mit den USA und Russland bestehen. Sokolow bemerkt, dass der Gipfel wahrscheinlich keine einheitlichen Beschlüsse hervorbringen wird, was Moskau potenziell in die Hände spielt.

Sokolow schließt, dass die Reaktionen auf Vances Rede möglicherweise nur der Beginn eines Umdenkens in den transatlantischen Beziehungen sind und dass sowohl die USA als auch die EU ihre Positionen noch anpassen könnten.

Übersetzt aus dem Russischen. Erstmals veröffentlicht am 16. Februar 2025 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad.

Jewgeni Posdnjakow ist Analyst bei der Zeitung Wsgljad.

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