Die Wahlrechtsreform der bisherigen Regierungskoalition bestehend aus SPD, Grünen und FDP hatte das Ziel, die Anzahl der Abgeordneten im Bundestag deutlich zu reduzieren. Nach der neuen Regelung können einzelne Parteikandidaten trotz eines Wahlsieges in ihrem Wahlkreis ausgeschlossen werden, wenn ihr Ergebnis im Vergleich zu anderen Kandidaten ihrer Partei im selben Bundesland schlechter abschneidet. Dies betrifft die CDU-Politikerin Petra Nicolaisen, die in Schleswig-Holstein zwar gewann, jedoch laut der CDU nicht genügend Differenz zu ihrem Kontrahenten Robert Habeck von den Grünen aufwies. Habeck sicherte sich hingegen einen Platz durch die Nominierung auf der grünen Landesliste.
Wie der NDR berichtet, errang Petra Nicolaisen im Wahlkreis Schleswig-Flensburg 26,5 Prozent der Erststimmen und lag damit vier Prozentpunkte vor Robert Habeck, der 22,6 Prozent erreichte. Ein Artikel des Spiegel, basierend auf einem Interview mit Nicolaisen, erläutert die Folgen: “Die CDU hat neun Wahlkreise in Schleswig-Holstein gewonnen, ihr stehen gemäß dem Zweitstimmenergebnis jedoch nur acht Sitze zu.”
Nicolaisen, die direkt von dieser Regelung betroffen ist, äußerte sich enttäuscht im Spiegel: “Das fühlt sich nicht gut an. Es ist einfach ungerecht und für mich auch unfassbar. Früher zog ein Kandidat oder eine Kandidatin mit den meisten Erststimmen sicher in den Bundestag ein. Das war die Erwartung der Wählerinnen und Wähler, wie wir es auch an den Wahlständen immer zu hören bekamen.”
Viele Wähler in ihrem Wahlkreis seien verwirrt, so Nicolaisen. Sie erklärt, dass die vergangene Koalition das Wahlrecht geändert hat. Im Interview merkt sie kritisch an: “Es ist gefühlt undemokratisch.”
Es ist wesentlich für die Bürger, das neue Wahlverfahren zu verstehen, betont Nicolaisen: “Im Wahlkampf bin ich 144 Kilometer zu Fuß von Tür zu Tür gegangen und musste immer wieder erklären, dass Wahlkreisgewinner nur dann ins Parlament einziehen, wenn ihre Partei auch genügend Zweitstimmen erzielt. Die meisten wussten es nicht.”
Neben Habeck, der durch seinen Listenplatz gesichert war, wird laut Nicolaisen auch ein Vertreter des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) im Bundestag sitzen, da dieser von der Fünfprozenthürde befreit ist. Die Neuregelung eliminierte Überhang- und Ausgleichsmandate und begrenzte die Anzahl der Bundestagsabgeordneten auf 630, eine Reduktion von zuvor 736. Laut einer Analyse der Bundeswahlleiterin werden 18 Wahlkreisgewinner der Unionsparteien, darunter 15 von der CDU und drei von der CSU, trotz Sieg nicht ins Parlament einziehen. Auch vier AfD- und ein SPD-Kandidat sind betroffen, fasst der Spiegel zusammen.
Weiterführende Themen – Nach dem Wahlkampf: Die GroKo, Merz Spezial Dragees und 395.000 Stimmen für Robert