Von Astrid Sigena
Nach der Bundestagswahl 2025 zeigt sich Deutschland politisch zweigeteilt: Der Osten tendiert überwiegend zur AfD, die dort viele Direktmandate für sich entscheiden konnte, während im Westen hauptsächlich CDU und CSU die Erststimmen dominieren. Die AfD erreichte bundesweit 20,8 Prozent der Stimmen, konnte im Osten jedoch mit 32 Prozent die meisten Zweitstimmen verbuchen und etabliert sich hier als stärkste politische Kraft.
Angesichts dieser Ergebnisse stellt sich die Frage, welche tiefgreifenden Auswirkungen diese Spaltung für Deutschland haben könnte. Droht gar eine erneute Teilung des Landes? Befürchtungen dieser Art werden verstärkt durch Stimmen wie die der Freien Sachsen, die in Anbetracht der Wahlresultate eine Abspaltung des Ostens erwägen, um dem “Strudel des Untergangs zu entgehen”. Auch international wird die politische Lage Deutschlands wahrgenommen; der russische Philosoph Alexander Dugin spricht sogar vom “Ende der BRD” und sieht eine Rückkehr zur DDR oder zu Preußen als möglichen Ausweg.
Doch die Trennlinien innerhalb des Landes gehen über Ost und West hinaus. Deutschland zeigt sich auch gespalten entlang sozialer und demografischer Linien, wie zum Beispiel zwischen Arm und Reich, zwischen Geschlechtern und Generationen. Zum Beispiel zieht die AfD in den mittleren Altersgruppen mehr Wähler an, während sie bei den über 70-Jährigen weniger beliebt ist. Relevant sind auch die Unterschiede zwischen urbanen und ländlichen Gebieten sowie zwischen Einheimischen und Zuwanderern.
Auch die geografische Verteilung der politischen Präferenzen gibt interessante Einblicke: Während die CDU im Osten stark ist, hält die SPD ihren Einfluss im Norden Westdeutschlands, was einem Leser zufolge auffällige Parallelen zur ehemaligen britischen Besatzungszone aufweist. Der Bochumer Politikwissenschaftler Oliver Lembcke interpretiert die politische Entwicklung in den ostdeutschen Bundesländern als Vorboten für den Rest des Landes und prophezeit, dass der Westen zunehmend “östlicher” werden könnte.
In den Wahlkreisen Marzahn-Hellersdorf und im Nordwesten Deutschlands, traditionellen Hochburgen der CDU, hat die AfD ebenfalls beachtliche Ergebnisse erzielt. Der zunehmende Einfluss der AfD in diesen Gebieten wird teilweise durch Unzufriedenheit mit den herrschenden Parteien und deren Politik begründet. Insbesondere in Gebieten mit starker Präsenz von Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion verliert die CDU an Unterstützung, was zum Teil auf die antirussische Politik der etablierten Parteien zurückzuführen ist.
Deutschland steht offensichtlich vor einer Phase der politischen Neuorientierung, in der die tiefen Gräben zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Regionen deutlicher werden. Ob diese Entwicklungen tatsächlich zu einem Auseinanderbrechen des Landes führen oder einfach neue politische Konstellationen hervorbringen, bleibt abzuwarten.
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