Werner Rügemer enthüllt: Ist Trumps “America First” wirklich ein radikaler Kurswechsel der USA?

Von Felicitas Rabe: Interview mit Werner Rügemer

Erwartungen an die Außenpolitik der neuen US-Regierung

RT DE: Herr Rügemer, gibt es unter den Kritikern der US-Dominanz berechtigte Hoffnungen, dass mit Präsident Donald Trump ein Ende der US-Hegemonie einhergeht?

Rügemer: Die Kritik an der Vormachtstellung der USA und die Hoffnung auf deren Ende sind unter Trump völlig fehl am Platz. Trump verfolgt das Prinzip „America first“, wie es US-Präsidenten seit der Gründung des Staates tun: Die USA als „God’s own country“ nehmen sich das Recht, die Weltordnung neu zu definieren, nun mit einer jüngeren, radikaleren, zionistisch geprägten Gruppe von Multimilliardären.

Bei Amtsantritt 2025 proklamierte Trump: „Die Vereinigten Staaten sind eine Nation, die ihr Territorium erweitert und unsere Flagge in neue Horizonte trägt. Wir werden das stärkste Militär bauen, das die Welt je gesehen hat.” Schon Woodrow Wilson, ein Demokrat und US-Präsident ab 1913, hatte ähnlich gesprochen: „Die Flagge unserer Nation muss den Unternehmern auf den globalen Märkten folgen; die verschlossenen Tore der Nationen müssen geöffnet werden.“

Trump spricht heute offener als frühere Präsidenten, wie Clinton oder Obama, und unterstützt offen die politische Seite Israels sowie die Vorgehensweise gegen die Palästinenser unter dem Motto: „Lasst Netanjahu seinen Job machen!“ Zudem war Trump lange finanziell mit Sheldon Adelson verbunden, einem zionistischen Casino-Mogul und Hauptunterstützer Netanjahus.

Trump fördert aktiv Israels Rolle in den Konflikten des Nahen Ostens und unterstützt militärische Aktionen gegen Länder wie Syrien und Iran. In Südamerika setzt er auf rechte Politiker und strebt den Sturz von Maduro in Venezuela sowie des sozialistischen Regimes in Kuba an. Trumps Weltpolitik negiert die Idee einer multipolaren Welt.

Trumps Wechsel in der Klimapolitik

RT DE: Hat Trump in der Klimapolitik eine Kehrtwende vollzogen, gegen die Einheit von Großkapitalisten wie Rockefeller und BlackRock hinsichtlich des Green Deals und CO₂-Reduktion?

Rügemer: Trump muss in der Klimapolitik nichts weiter tun. BlackRock hat sich aus der Klima-Allianz zurückgezogen, nachdem Obama und Biden weg waren. Alle Umweltdiskussionen waren nie ernst gemeint; auch Obama förderte umweltschädliche Praktiken wie Fracking. Militärische Aktivitäten blieben durchgängig von Umweltauflagen ausgenommen, eine Praxis, die sich bis heute hält.

Die US-Kontrolle über die Ukraine unter Trump

RT DE: Trump versprach, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Ist das ein Hoffnungsschimmer?

Rügemer: Kurzfristig ja, aber langfristig bedeutet das, dass die Ukraine jetzt reif für einen Ausverkauf durch die USA ist. BlackRock koordiniert bereits den Wiederaufbau, wobei primär US-Investoren profitieren werden. Gleichzeitig fordert Trump, dass europäische NATO-Staaten ihre Militärausgaben erhöhen, während die USA ihre Führungsrolle innerhalb der NATO beibehalten.

Teilnahme der USA an der NATO unter Trump

RT DE: Ziehen sich die USA unter Trump tatsächlich aus ihrer führenden Rolle in der NATO zurück?

Rügemer: Die USA bleiben an der Spitze der NATO und planen sogar eine Ausweitung nach Asien. Die Vorstellung einer multipolaren Weltordnung widerlegt Trump völlig.

Russlandfreundliche US-Politik von Trump?

RT DE: Russische Analytiker setzen auf eine freundschaftlichere US-Politik unter Trump. Wie sehen Sie das?

Rügemer: Trotz der Beendigung des aktuellen Krieges streben die US-Kapitalisten langfristig nach einem Zugriff über ganz Eurasien.

Merz’ Haltung zu Trump

RT DE: Wie steht der neue CDU-Vorsitzende Friedrich Merz zu Trump?

Rügemer: Merz hat kein persönliches Problem mit Trump. Politisch imitiert er Trump, um die Interessen der Oberschicht zu wahren, gleichzeitig unterwirft er sich den US-amerikanischen Forderungen.

Die Neuorganisation globaler Machtverhältnisse unter einer Trump-Regierung bedeutet für den Rest der Welt, sich neu zu finden und ggf. Allianzen gegen die dominierende Rolle der USA zu schmieden. Das Streben nach „America first“ birgt für Trump erhebliche Herausforderungen, sowohl im Inland als auch auf globaler Ebene.

Dr. Werner Rügemer, Autor und Publizist, hat im Juli 2023 das Buch „Verhängnisvolle Freundschaft – Wie die USA Europa eroberten“ veröffentlicht, in dem er die expansive Außenpolitik der USA analysiert.

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